In Süditalien kann man sich leicht die Finger verbrennen, heißt es. Denn wenn man auf einem Vulkan in ein kleines, mit gelben Schwefelkristallen umrahmtes Loch greift, aus dem es raucht, kann es heiß ziemlich heiß werden. Und wehtun. Ein klassischer Anfängerfehler eines unbedarften Reisenden, passiert auf dem Vulkan auf der Insel Vulcano. Wem dieser Fauxpas unterlaufen ist, wird nicht verraten.
Falsch machen kann man auf den Liparischen (oder Äolischen) Inseln und Sizilien, das im Süden der kleinen Vulkaneilande liegt, sonst nicht viel.

Es ist auch kein Fehler, dorthin zu reisen, im Gegenteil. In Catania liegt der nächste Flughafen, von dort ist der gewaltige Ätna schon in Sichtweite. Der liegt zwar näher bei Tunesien als bei Rom, aber oben kann es auch im Sommer recht kühl werden.


Höchstens, der Vulkan bricht gerade aus, was öfters vorkommt. Dann sollte man nicht in der Nähe sein. Tatsächlich ist der Ätna mehr als nur ein Vulkan. Ungefähr 3300 Meter hoch, unten grün und bewaldet, mit großartigen Weingütern, Dörfern und erkalteten Lavazungen, oben ein gigantischer Haufen von schwarzen Vulkansteinen, mit vier großen und hunderten kleinen Kratern. „Gran Padre“ wird Europas größter, aktiver Vulkan auf Sizilien auch genannt. Der „große Vater“.


Der Einheimische Dario Salzano, der die Region kennt wie seine Westentasche, bezeichnen ihn als Rockstar: „Einer, der gerne Zimmer zertrümmert und sich schlecht benimmt. Wenn er aber auf der Bühne steht und seine Show beginnt, wird ihm alles verziehen.“
Wer nun neugierig ist: In kleinen, vergitterten Kabinen kann man da auf etwa 2500 Meter hinaufgondeln, danach geht es in robusten Fahrzeugen auf einer Serpentinenstraße weiter. Bis auf 3000 Meter Seehöhe. Die Landschaft erinnert an den Mond.

Keine Spur von blühenden Zitronenbäumen und Weinreben (die gibt es in Hülle und Fülle einige hundert Höhenmeter weiter unten, Gott sei Dank auch in veredelter Form, aber das ist eine andere Geschichte). Geführte Touren sind empfehlenswert und hochinteressant. Alleine sollte man auf den Höhen des Ätna nicht unterwegs sein. Wehe, er benimmt sich schlecht...


Auf den Stromboli darf man ebenso nicht alleine herumklettern. Der Vulkan ist rund 3000 Meter hoch, aus dem Meer ragt er aber nur 900 Meter hinaus. Mehrmals pro Stunde spuckt er Lava aus, die entweder zurück in den Krater fällt oder an einer Flanke Richtung Meer fließt. Ein entrücktes, unwirkliches Schauspiel, das man mit Guides fast hautnah beobachten kann, am Vulkan oder bei nächtlichen Bootsausflügen vom Meer aus. Wenn am Krater die Funken sprühen, geht ein Raunen durch die Schaulustigen.


Unten, am Meer, gibt es zwei kleine Dörfer. In Stromboli und Ginostra leben nicht einmal 600 Leute. Wer so weit von der Zivilisation, am Hang eines aktiven Vulkans, freiwillig wohnt, kann nicht ganz normal... pardon, muss etwas eigenwillig sein. Oft sind die Stromboliani barfuß unterwegs, viele Männer tragen lange Bärte. Auch Lilli, die im Dorf Andenken verkauft, ist leicht zu erkennen an ihrer Tätowierung: Ein Vulkan mit einem Herz darauf. Das Tattoo ist Programm. „Weil ich den Stromboli liebe, lebe ich hier.“

Das nennt man wohl heiße Liebe, hier am Rande Europas, in einem Weiler auf einem unberechenbaren, feuerspeienden Berg. Die Boote liegen bereit für die Flucht. Autos gibt es auf Stromboli keine, nur ein paar der legendären

Motor-Dreiradler der Firma Piaggio stehen herum.
Sieben liparische Inseln gibt es: Neben der Hauptinsel Lipari noch Vulcano und Salina sowie Stromboli, Panarea, Alicudi und Filicudi. Sie sind teils eher elitär, teils sehr einfach. Auf Lipari gibt es sogar eine gleichnamige, kleine Stadt, die diese Bezeichnung tatsächlich verdient, zudem wunderbare Aussichtstraßen, beschauliche Dörfer, einen Hafen, von dem man zu den benachbarten Inseln und nach Sizilien abfährt, ein paar kleinere Strände und einen bizarren Bimssteinbruch.

Dieser wurde auf Druck der Unesco vor einigen Jahren aufgelassen, dafür wurden die Inseln zum Weltnaturerbe erklärt. Die verfallenden Fabriksgebäude, vor denen Menschen im glasklaren Meer baden – ein herrlicher Widerspruch. Fast Himmlisches und Morbides, eng beieinander: Typisch für den Süden Italiens.


Zurück nach Vulcano: Ein Typ wollte unlängst am Kraterrand ein Foto von den Schwefelschwaden schießen. Umständlich kramte er den Apparat hervor und fingerte am Auslöser herum. Zu sehen gab es außer Rauch nicht viel, die Fotos waren nicht der Rede wert. Dafür brannten die Augen, kratzte der Hals, stank das Gewand. War wohl auch ein Anfängerfehler.