Es ist schon eine Weile her, dass ich mit dem Zug verreist bin. Schnell gewöhnt man sich an das monotone Geräusch der Gleise. Leute steigen ein und aus. Auf der Suche nach ihren Sitzplätzen entstehen nette Unterhaltungen. Ich lausche dem einen und anderen Gespräch, nicke ein, steige entspannt am Hauptbahnhof in München aus. Kurz orientieren, dann die direkt an den Bahnhof angeschlossene U5 in Richtung Neuperlach Süd nehmen. Nach rund 15 Minuten gelangt man in den südöstlich gelegenen Stadtteil. Ziel: das neue Hotel Ibis Styles München Perlach.
Schnell und unkompliziert eingecheckt ins Zimmer, das in kräftigen Magenta- und Lilatönen gehalten ist. Das gesamte Hotel mit seinen 172 Zimmern ist der Münchner Disco-Ära nachempfunden – ein Retro-Look, der gefällt. Direkt gegenüber liegt eines der größten Einkaufscenter der bayrischen Hauptstadt. Das „pep“ mit 135 Geschäften macht Lust auf Shopping und verleitet dazu, noch so vernünftige Vorsätze über Bord zu werfen.
Kunstmeilen hie und da
Nächster Halt: Schwabing – Schlendern über den duftenden Weihnachtsmarkt auf der Münchner Freiheit. Die Stimmung ist gut und hebt sich weiter, denn ein Glühwein ist bei den eisigen Temperaturen jetzt genau das Richtige. Angenehme Musik begleitet einen, während man sich durch die Menschenmenge, vorbei an zünftiger Kulinarik und originellen Kunstwerken schlängelt.
Abseits der Standln fallen einem die zahllosen Gebäude mit Elementen des Jugendstils auf. Die Art nouveau ist geradezu charakteristisch für Münchens ersten Szene-Stadtteil. Gedenktafeln erinnern an Künstler und Literaten wie Wassily Kandinsky, Rainer Maria Rilke und Karl Valentin, die hier gelebt haben.
Rockstar an der Isar
Nach einer erholsamen Nacht in einem wirklich perfekten Bett und einem ausgiebigen Frühstück geht es auf den Viktualienmarkt. Er versorgt die Münchnerinnen und Münchner seit dem Jahr 1807 mit Lebensmitteln und bietet dabei eine unglaubliche Auswahl. Wurst- und Fleischwaren, unzählige Käsesorten, Fische sowie Obst- und Gemüsesorten werden hier ausgesprochen appetitlich offeriert.
Auf dem Weg ins Glockenbachviertel fällt in der Holzstraße ein Bild von Freddie Mercury auf. Es befindet sich an einer ehemaligen WC-Hütte, davor stehen Kerzen. München war laut den Einheimischen ein echtes Paradies für den Sänger der Rockband Queen.
Buntes Nachtleben
Begonnen hat alles 1962, als Gruppen von jugendlichen Straßenmusikern die Sperrstunde nicht einhielten und die Versuche der Polizei um deren Einhaltung eskalierte. In den Tagen darauf kam es in der Umgebung der Ludwig-Maximilians-Universität in Schwabing zu Straßenschlachten zwischen 1000 bis 5000 jugendlichen Protestierenden und den zum Teil berittenen Polizisten.
Diesem Ereignis ist wohl der Beginn der Liberalisierung der Bundesrepublik Deutschland zuzuschreiben und war gleichwohl die Initialzündung für die wilden 1960er- und 1970er-Jahre. In dieser Zeit erlebte vor allem Schwabing mit seinen Bars und Discos seine Hochzeit. Drogen und Miniröcke, exzentrische Musiker aus aller Welt, die hier wilde Partys feierten und nebenbei Platten produzierten, machten München zu einem Magnet für Künstler und Literaten.
Schweinsbraten im Szenelokal
Freddie Mercury selbst war in den Jahren von 1979 bis 1985 regelmäßig und für längere Aufenthalte in München. Er nahm Songs wie „Crazy Little Thing Called Love“ oder „Another One Bites The Dust“ auf und genoss das Nachtleben in Münchens LGBTQ+-Szene.
Und vielleicht auch den traditionellen Schweinsbraten in der Deutschen Eiche, die von Dietmar Holzapfel und seinem Mann Sepp betrieben wird. Das Lokal mit gutbürgerlicher Küche gilt als einer der ältesten Treffpunkte der homosexuellen Szene Münchens. Auch Freddie kehrte hier regelmäßig ein. Vielleicht wie ich auch auf ein Weißbier, während ich mich schon auf das perfekte Bett in meinem Disco-Zimmer freue.
Sabine Johannsen