Sandstrände, die bis an den Horizont reichen, und kristallklares Wasser. Wälder, die fast bis ins Meer verlaufen. Beschauliche Ferienorte, in denen der Übergang zwischen deutscher Gemütlichkeit, Gutmütigkeit und Biederkeit mitunter fließend ist. Wer hier urlaubt, sucht nicht das Abenteuer oder ein besonders prickelndes Nachtleben, sondern Ruhe inmitten von viel Natur.

Fischland-Darß-Zingst ist eine 45 Kilometer lange, bisweilen sehr schmale Halbinsel, die zwischen Rostock und Stralsund liegt. Die Versandung und einige menschliche Eingriffe haben die früher voneinander getrennten Inseln miteinander verbunden. Es ist ein Stück Ostsee, das hierzulande weit weniger bekannt ist als das weiter östlich gelegene Rügen. Was aber nicht bedeutet, dass die Gegend ein Geheimtipp ist: Zur Hochsaison scheint hier halb Deutschland die Dammstraßen entlangzupromenieren beziehungsweise mit dem Rad abzufahren.

Bei uns eher unbekannt, aber dennoch ein Ostsee-Juwel: Auf der Halbinsel befindet sich ein Nationalpark
Bei uns eher unbekannt, aber dennoch ein Ostsee-Juwel: Auf der Halbinsel befindet sich ein Nationalpark © TV FISCHLAND- DARß-ZINGST

Die Landschaft ist jedoch so großzügig und so aufnahmefähig, dass trotzdem keine Hektik aufkommt. Und die Besucher sind auch kein unternehmungslustiges Partyvolk, sondern Familien und ältere, sehr solide Semester, die auch ganz gern ihre Ruhe haben und sich lieber am Anblick eines traditionellen Reetdach-Hauses erfreuen als an Neonlichtern. Da ist ein Sanddorn-Caipirinha (noch besser als das brasilianische Original) an der Strandpromenade schon das höchste der Gefühle in Sachen Nightlife.

Der gemütliche Bodden passt genau in diese Gegend: Bei dem sich südlich der Halbinsel erstreckenden Gewässer handelt es sich um eine Lagune, deren Temperament zumindest bei Schönwetter höchst gemächlich erscheint. Das flache Wasser wird vornehmlich mit Zeesbooten befahren, deren charakteristische rotbraune Segel wunderbar mit der Schilflandschaft harmonieren.

Die typischen Zeesboote, die auf dem flachen Boddenmeer fahren: früher zum Fischen, heute vor allem als Ausflugsboote
Die typischen Zeesboote, die auf dem flachen Boddenmeer fahren: früher zum Fischen, heute vor allem als Ausflugsboote © TV FISCHLAND- DARß-ZINGST

Das Fischen mit Zeesbooten beruht auf einer speziellen, vor Jahrhunderten entwickelten Technik mittels riesiger, weit ausgespannter Netze und eines dahindriftenden Boots. Für das flache Boddenmeer und vielleicht auch fürs nordische Gemüt die ideale Methode. Heute sind die ruhig im Wasser liegenden Boote zweckentfremdet und bringen Ausflügler in die Lagune. Eine Zeesbootfahrt zählt nicht zufällig zum Pflichtprogramm für Touristen: mehr Entschleunigung geht nicht.

Bei solchen Ausfahrten kommt man mit der reichen Tierwelt des „Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft“ in Berührung, die zur richtigen Jahreszeit sogar zum Spektakel mutiert. Im Herbst wählen Graukraniche die Region als Pausenplatz auf ihrem Zug in den Süden. Anfang Oktober sind es bis zu 70.000 aus Skandinavien hergeflogene Kraniche, die hier Station machen. Diese Kranichrast gehört zu den saisonalen Großereignissen, die die Boddenlandschaft auch anziehend machen, wenn ans Baden in der Ostsee schon lange nicht mehr zu denken ist.

Malerisch und idyllisch:  deutsche Gemütlichkeit im hohen Norden
Malerisch und idyllisch: deutsche Gemütlichkeit im hohen Norden © haiderose/stock.adobe.com

Wer auf eine Fotosafari aus ist, bleibt hier übrigens nicht allein. Der kleine Ort Zingst hat sich rund um das in moderner Architektur erbaute Max-Hünten-Haus herum zu einem Zentrum für Fotografie entwickelt. Im Ort gibt es nicht nur Fotogalerien, sondern große Open-Air-Fotoschauen, und viele Beherbergungsbetriebe verleihen Kameras.

Zum Fotografieren bieten sich nicht nur Strand- und Waldlandschaften an, sondern auch Lebewesen, die überraschenderweise zwischen diesen beiden Welten hin- und herwechseln: Die Rothirsche der Region trauen sich nicht selten aus den Wäldern heraus und unternehmen einen kleinen Strandspaziergang. Vor allem während der herbstlichen Brunft lassen sich die Hirsche gut beobachten. Rarer ist der Anblick eines der scheuen Wildschweine. Aber selbst sie werden manchmal zu Strandläufern.

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