Nach dem katastrophalen Brand des Dachstuhles von Notre Dame, bei dem die ganze Welt den Atem angehalten hat, ist die berühmte Kathedrale gesperrt. Die Besucher strömen nun in die gegenüberliegende St. Chapelle, um gotische Architektur zu bewundern. 1,8 Millionen jährliche Besucher zählt St. Chapelle, die zu dem Gebäudekomplex der Conciergerie gehört. Hier hat Marie-Antoinette ihre letzten Stunden verbracht.

Die Conciergerie auf der Ile de la Cité war nämlich nicht nur königliche Residenz, sondern auch Gefängnis. Während der Französischen Revolution von 1789 bis 1799 wurde die Conciergerie mit der Einrichtung des Revolutionstribunals zu einer bedeutenden Haftanstalt. Mehr als 4000 Personen sind vor das Revolutionstribunal geführt worden, als die Monarchie gestürzt und die erste Republik ausgerufen worden war.

Berühmteste Gefangene war Königin Marie-Antoinette. Die gebürtige Österreicherin und Tochter von Kaiserin Maria Theresia hat hier um 4 Uhr morgens des 16. Oktobers 1793 ihren Abschiedsbrief geschrieben, bevor sie um halb zehn exekutiert wurde.

Dieser berührende Brief ist in der aktuellen Ausstellung über das Phänomen Marie-Antoinette in der Conciergerie zu sehen. Mit knapp 15 Jahren wurde sie nach Frankreich verheiratet, wo sie sich in einer Welt voll Macht und Intrigen behaupten musste. Aufgrund ihres Schicksals gilt diese Königin heute als Symbol der missbrauchten Frau. Die Pariser Großveranstaltung des heurigen Jahres beleuchtet diese geliebte und gehasste Frau aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei beziehen die Kuratoren der Ausstellung bewusst keine wertenden Positionen, sondern arbeiten die vielschichtige Persönlichkeit und Entwicklung dieser Frau heraus.

Es geht aber auch um Mode, Stil und Image, man will damit auch junges Publikum anziehen. Teile der Ausstellung beziehen sich auf Stoffmuster, Porzellan, Möbel, Mode, Kostüme und den Luxus – schließlich gilt Marie-Antoinette heute wieder als Stil-Ikone und „Queen of Fashion“. Das Revival dieser Ikone ist nicht überraschend, seit Jahrzehnten erlebte Marie-Antoinette enorme Beliebtheit in Hollywoodfilmen und japanischen Zeichentrick-Produktionen. Die Stil-Ikone des späten 18. Jahrhunderts gilt als Influencer der Kunst und der Modeindustrie.

Interessant ist, dass kein einziger Pariser Straßenname oder Platz auf Marie-Antoinette verweist. Dabei wäre vor allem das Marais-Viertel dafür geeignet, der neue Paris-Geheimtipp. Dass Künstlerviertel ist Besuchermagnet und lockt mit einladenden Geschäften. Im Tomat’s von Alex Blanchet etwa kann man Spezialitäten wie schwarzen Knoblauch verkosten.

Interessante Geschichten erzählt Stadtführer Pascal Fonquernie, wenn er durch die Gassen führt. Zum Beispiel, dass Marie-Antoinette das Gebäck vom Wiener Hof nach Paris gebracht hat. So soll das berühmte Croissant vom Wiener Kipferl abstammen. Auch die Schokolade- und Kaffeehauskultur hat den Weg über Wien nach Frankreich gefunden.

Auch die Revolution wirkt kulinarisch nach: Durch die Entmachtung des Adels verloren die Köche der Adelshäuser ihre Jobs. Aus der Not heraus eröffneten sie Restaurants für ein bürgerliches Publikum, wo die Gäste aus mehren Menüs wählen konnten – die Pariser Gastronomie war begründet.

Davon kann man sich derzeit auch in anderen Ausstellungen in Paris ein Bild machen, die sich mit der Zeit der Französischen Revolution befassen und in denen auch das Alltagsleben nicht zu kurz kommt.

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