Über Jahrhunderte hat sie die Geschichte der Gärten und der Mauern, die um sie herum errichtet worden waren, geprägt. Ihr haben sie Reichtum und Macht, aber auch Zerstörung und Niedergang zu verdanken“, schreibt Folke Tegetthoff in seiner Ode an die Donau.

Auf der revitalisierten Schlossinsel im Nationalpark Donau-Auen in Orth stößt man gleichsam auf den Antigarten, in dem die Natur tun darf, was sie will. Ziesel, diese wahren Tiefbauexperten, haben Orth unterirdisch fest im Griff. Und ein Natternparadies existiert hier auch. Aber keine Panik, alle sind ungiftig.

Im Totholz hat sich der Hirschkäfer sieben bis acht Jahre vorbereitet, um nach der letzten Häutung als europäisches Prachtexemplar aufzutauchen. Der mächtige Stör bleibt lieber untergetaucht und lässt sich mit etwas Glück in der Unterwasserstation bewundern. Feinschmecker denken natürlich an den Kaviar in seinem Bauch – so wertvoll wie Gold.

Menschen sind in dem grünen Vegetationsband zwischen Wien und Bratislava als Besucher willkommen, Universumgeprägte fragen sofort nach Eisvogel und Hirsch. Apropos: Die Auhirsche, größer als die Verwandtschaft in den Bergen, gelten als Monarchisten. Sie röhren angeblich stets erstmals am 18. August, am Geburtstag von Kaiser Franz Joseph I.

Mit einem Spiegel in der Hand eröffnet das Abtauchen in die Altarme ganz andere Perspektiven. Manchmal herrscht auch so schon verkehrte Welt, wenn man etwa trockenen Fußes im Flussbett wandert, dort, wo sonst die Touren wegen Hochwassers abgesagt werden.

Bei hohen Fluten könne es vorkommen, dass sich ein Hirsch in den Ästen verheddert und dort hängen bleibt, erzählt die Nationalpark-Rangerin. Das nennt man dann „Fallwild“. In wenigen Wochen seien davon nur noch Haut und Knochen übrig, denn Fliegen und andere Aasliebhaber würden das Festmahl kilometerweit riechen.

© KLZ/Infografik

Nicht weit entfernt von Orth an der Donau ergeben Wiese, Altarm und Wald in einem imposanten Holzrahmen eingefangen ein begehbares Landschaftsgemälde – der englische Landschaftspark von Schloss Eckartsau, das vor der Barockisierung eine mittelalterliche Wasserburg war. Monarchin Maria Theresia pflegte per Schiff in das kaiserliche Jagdgebiet anzureisen. Habsburgs Glück – und Habsburgs Ende. Das letzte Kapitel der Donaumonarchie wurde hier geschrieben, von Eckartsau trat Kaiser Karl I. mit seiner Familie am 23. März 1919 die Reise ins Exil an. Mehr als 640 Jahre Monarchie waren ausgelöscht.

Franz Ferdinands Familiensitz

Ein weiteres Schicksalsschloss befindet sich am anderen Ende des niederösterreichischen Donaugärten-Reigens nahe der Wachau in Artstetten. „Schneid mir die Äste beim Rosengarten nicht zu viel“, mahnte Thronfolger Franz Ferdinand seinen Verwalter, als er sich mit seiner Gemahlin, Herzogin Sophie von Hohenberg, zu Manöverbesuchen nach Bosnien-Herzegowina aufmachte. Es waren die letzten Worte, die man auf dem Sommersitz Artstetten vom Erzherzog, der wenige Jahre zuvor für sich und seine Frau hier eine Familiengruft hatte errichten lassen, vernahm. Das Ehepaar, das vier Kinder hinterließ, fiel in Sarajewo einem Attentat zum Opfer.

In einer Gewitternacht setzte eine Fähre über die Donau, auf der – begleitet von Blitz und Donner – zwei Sarkophage standen, so gibt der Märchendichter den letzten Akt der Familientragödie wieder. Und der Haushofmeister habe die Botschaft ein paar Mal wiederholen müssen, weil die kleinen Vollwaisen des Thronfolgerpaares sie nicht verstanden. Und draußen floss unaufhörlich der Donaustrom, ein Spiegel der Geschichte, eine Konstante inmitten stürmischen, unsteten Lebens, wie es Folke Tegetthoff formuliert.

Heute ist im Schlosspark Artstetten das Wunder der Natur und die Sehnsucht nach Frieden zum Greifen nah. Besucher werden zum „Adel vernaschen“ animiert, denn g’schmackige Apfelsorten wie Kronprinz Rudolf oder Kaiser Wilhelm wachsen Krone an Krone.

Prinz Eugens Lustschloss

Apropos Krone, Schloss Hof, das einstige Sommertraumschloss von Prinz Eugen, setzt mit seinen Barockgärten dem Projekt von Niederösterreich Tourismus wirklich die Krone auf. Vom paradiesischen Lustschloss erstreckt sich über sieben Terrassen mit sieben Themengärten eine einzigartige Anlage – nach barockem Originalvorbild bepflanzt. Was auch dem Zufall zu danken ist, denn 2005 fand man in einer alten Kommode auf einem Dachboden in Tirol Bepflanzungspläne aus dem Jahr 1735.

Womit wir wieder beim Spiegel wären. In den prächtigen Brunnenanlagen mit ihren Wasserkaskaden spiegelt sich der unermessliche Prunk der damaligen Zeit wider. Auch Maria Theresia residierte in Schloss Hof und war keine schlechte Gastgeberin. Durch unterirdische Gänge wurden von der Orangerieküche die Speisen in heißen Kisten in den Festsaal geschafft, damit allen Gästen ein warmes Essen sicher war. Doch der Regentin wurde der Landsitz im Marchfeld zu teuer, für den größten Gutshof von Zentraleuropa begann der Abstieg.

Die wechselvolle Geschichte ging gut aus, heute gilt Schloss Hof als Paradebeispiel gelungener Rekonstruktion, die gerade ihrer Vollendung entgegengeht. Eine vierbeinige barocke Erinnerung beherbergt man hier auch: Die weißen Barockesel mit ihren wasserblauen Augen wurden vom Aussterben bewahrt. Die Schützlinge von Zoologin Katharina sind für Klein und Groß eine Sensation.

Die Gärten der Augustiner-Chorherren 

Auf Sensationelles ganz anderer Art stößt man im Stift Klosterneuburg, dort, „wo sich Himmel und Erde begegnen“, wie die Augustiner-Chorherren versichern. Der Donaustrom formte im Laufe der Zeit die Vielfalt der stiftseigenen Gartenwelt, über der stets ein Hauch Geheimnis liegt. Hier werden heuer anlässlich des 500. Todesjahres von Kaiser Maximilian I. alte Geschichten neu erzählt.

Zwei Einkehrschwünge entlang des Donaustroms seien noch wärmstens empfohlen: Wer nach so viel Prachtgärten so richtig Gusto aufs Garteln bekommen hat, dem sei die „Garten Tulln“, Europas erste und größte ökologische Gartenschau, als Ideenlieferant ans Herz gelegt. Nach einem ersten Überblick vom Aussichtspunkt des Baumwipfelweges warten – eingebettet in die Auenlandschaft an der Donau – Blütenmeer, Gräserinseln sowie Schau- und Mustergärten.

Gusto anderer Art macht der Alchemistenpark in Kirchberg am Wagram: der ganze Ort ein einziger Obstgarten! Blauschotenstrauch neben Indianerbanane, Mai- und Maulbeeren, unbekannte Gewächse laden ebenso zur kulinarisch sinnlichen Entdeckung ein wie alte und rar gewordene heimische Obstsorten. Frei nach Johann Wolfgang von Goethe: „Über Rosen lässt sich dichten, in die Äpfel muss man beißen.“

Mehr zum Thema