Das ist Galgenhumor vom Feinsten: Absichtlich ratlos blinzelt Marinko Jakovljevic aus dem Holzsarg, der ihm mindestens eine Nummer zu klein ist, in die Kamera. Der Mann mit dem verschmitzten Lächeln ist Tourismusmanager der 1500-Einwohner-Gemeinde Fuzine in Kroatien und hat eigentlich gar keinen Grund, so fröhlich zu sein. Denn der Sarg gehört zu einer Attraktion für Gäste, die - höflich formuliert - noch Potenzial hat. Anders gesagt: In der Westernstadt Roswell herrscht leider tote Hose.

Dabei hat 2015 alles so schön angefangen. Auf der Suche nach Drehorten für eine TV-Neuauflage des Filmklassikers Winnetou war damals eine deutsche Produktionsfirma in Fuzine gelandet und geblieben. Aufgrund der ruhigen, aber doch halbwegs zentralen Lage - 30 Kilometer östlich von Rijeka - entschied man sich, hier ein Kulissendorf für Außenaufnahmen zu errichten. Auf einer eigens dafür gerodeten Lichtung wurden ein Saloon, ein Sheriffbüro mit Gefängniszelle, eine Kirche mit Friedhof, der Laden des Sargmachers „Undertaker“ und eine Handvoll weitere Gebäude gezimmert.

Auf Betreiben der Gemeinde blieben die Häuschen nach Ende der Dreharbeiten stehen. Man rechnete mit einem Erfolg des TV-Films und mit vielen neugierigen deutschen Urlaubern auf den Spuren der Fernseh-Cowboys und -Indianer. Doch der vom deutschen Privatsender RTL rund um den Jahreswechsel 2015/2016 ausgestrahlte Dreiteiler „Winnetou - Der Mythos lebt“ mit Nik Xhelilaj als Häuptling der Apachen und Tatort-Kommissar Wotan Wilke Möhring als Old Shatterhand in den Hauptrollen floppte völlig. „Es hat nicht einmal eine Wiederholung gegeben“, bedauert Jakovljevic.

Die Grotte wurde erst 1950 durch Zufall entdeckt
Die Grotte wurde erst 1950 durch Zufall entdeckt © Styria-Verlag/Helmuth Weichselbraun

Doppelt schade für Fuzine, das neben Roswell auch einen zweiten Schauplatz für die Produktion stellte: Die Grotte Vrelo durfte als Filmversteck für den Schatz im Silbersee herhalten. Sie ist die einzige barrierefreie Tropfsteinhöhle in Europa. Vom Parkplatz vor der Tür bis zum Ende der 300 Meter langen Grotte gibt es keine einzige Stufe, der Weg ist eben, weil betoniert. „Zu uns kommen viele Besucher im Rollstuhl. Nur hier können sie dieses Wunder der Natur erleben. Manche sind von den Eindrücken so überwältigt, dass sie weinen“, erzählt der Tourismusdirektor, diesmal ganz ernst.

Glücklicher Zufall

Die Grotte, durch die ein kleiner Bach plätschert, ist tatsächlich beeindruckend. Bis auf Beleuchtung und Beton haben die Menschen - im Unterschied zu anderen Höhlen - im Lauf der Zeit keine Spuren hinterlassen. Das vor dreieinhalb bis vier Millionen Jahren entstandene unterirdische Paradies ist überhaupt erst 1950 durch Zufall entdeckt worden: Bei Arbeiten in einem Steinbruch tat sich plötzlich ein Loch auf.

Einige Tropfsteinformationen tragen mittlerweile Namen, an die sich die Betrachter durch ihre Form erinnert fühlen. Es gibt eine „Madonna“ und dazu gleich in der Nähe einen „Bischof“ mit Mitra und Hirtenstab. Durch Messungen weiß man, wie „schnell“ die Tropfsteine in diesem Teil des kroatischen Karstes wachsen. Für einen Zentimeter brauchen sie 1000 Jahre.

Roswell soll schneller zum Touristenmagnet werden. Jakovljevic ist optimistisch und hat für die Sommermonate eine Aushilfe engagiert, um das Kassenhäuschen am Eingang der Westernstadt zu besetzen. Sicher ist sicher.