Gründe, warum Sie vielleicht auf den Sommerurlaub an der Oberen Adria pfeifen wollen: Sie waren seit Ihrer Geburt schon x-mal dort, Sie kennen die Geschäfte so gut, dass Sie selbst einen Shopping Guide schreiben könnten, Sie wollen keine Bierbäuche und Sandalen mit Socken mehr sehen. Nun, diese Vorurteile stimmen nicht mehr. Ballermann-Zutaten wie Sangria-Eimer, Pappbecher mit Pommes, Gröl-Orgien und Jürgen-Drews-Hits waren gestern. Unlimitierte Sandspiele, Salz auf der Haut, köstliches Eis, tadellose Fische und Pasta, das sind Lignano und Caorle heute.

Wie goldene Sicheln leuchten die Sandstrände am Morgen, wenn sich der Dunst hebt. Einige Kilometer lang und bis zu 100 Meter breit. Nicht umsonst heißt Lignanos Hauptstrand Sabbiadoro, goldener Sand. Ein bisschen Schaumparty, Bikini-Show und lautes Geplärre von der Schnulzenband - das kommt im Hochsommer natürlich vor, aber nur im lebhaften Sabbiadoro-Viertel. Pineta, der Mittelteil der Halbinsel und Riviera, das Ende, sind ruhig-entspannt. "Auch wenn wir ausgebucht sind, in Lignano merkt man das kaum. Das Areal ist ja riesig", meint Hotelier Luigi Sutto.

Caorle hat ein kuschelig kleines Zentrum mit malerischen Fischerbooten, dafür räkelt sich der Strand auf stolzen 18 Kilometern. Wer dann noch immer nicht genug hat, macht sich auf Expeditionsreise in die Naturparks. Lignano grenzt an die fischreiche Lagune von Marano, ein traumversunkenes Wasserlabyrinth, um das sich ein Netz von ebenen Radwegen schlingt. In Caorle führt in der Via dei Casoni ein lauschiger Spazierweg entlang der Lagune vorbei an den Casoni, den typischen Fischerhütten. Ausflugsboote tuckern in die Valli, die verschlungenen Wasserwege.

Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway war (angeblich) zu Beginn der 50er hier. "Vielleicht aber auch nicht", sagt Pierfrancesco Bocus augenzwinkernd. Er ist Präsident des Hotelverbandes von Lignano und hat schon viele Geschichten rund um Hemingway gehört. Auch die, dass man dem trinkfesten Autor ein Grundstück geschenkt habe. In der Hoffnung, er werde dort als "First VIP" bleiben. Hemingway kam nie wieder und ist doch geblieben. Als Namensgeber für einen Park sowie für Lignanos alljährlich am 21. Mai verliehenen Literaturpreis. Auch in der Lagune von Caorle soll er eine Hütte gehabt haben. Und in Caorle behauptet ein verwittertes Holzbrett im Restaurant "Da Nappa", der Fisch werde hier auf Hemingway-Art zubereitet. "Das war mal so ein Gag", gibt der Kellner lächelnd zu.

Beide Orte sind nur durch eine Bucht getrennt und trotzdem so verschieden. Lignano, die Mondäne, Caorle, die Traditionelle. Die Geschichte von Caorle geht bis in die Bronzezeit zurück, die von Lignano nur knapp 50 Jahre. 1959 sagte sich der Badeort von Latisana los und wurde als eigene Gemeinde anerkannt. Die alte Rivalität zwischen beiden Städten ist bis heute geblieben. Einen Tagesausflug ist Latisana auf jeden Fall wert, ein kulturreiches Städtchen. Die Entwicklung der Schwesternorte war rasant. In Lignano gab es Anfang des letzten Jahrhunderts außer Pinien, Schilf und Sand nicht viel, in Caorle gerade ein Hotel. In den 50ern begann der Boom.

Badeorte im Wandel

Weniger Lambrusco, weniger Fastfood-Pizza-, Calamari-Fritti- und Pommes-Buden auf den Hausmeisterstränden, stattdessen immer mehr Osterie und Ristoranti mit gepflegter Italienkultur - die Badeorte haben sich geändert. In Lignano sind Halbpensionsflüchtlinge im "Bidin" und im "Al Bancut" bestens bedient. Beide bieten Fischküche auf gutem Niveau (und zu höheren Preisen), im "Agosti" serviert man dazu noch eine Prise Kreativität. "Null Kilometer", skizziert Agosti-Chef Mauro die Philosophie, "von weiter her dürfen unsere frischen Produkte nicht kommen." Das Tahiri ist nicht nur "il Beachclub più cool", sondern bietet auch gestylte Gerichte.

Auch in Caorle haben hohe Fischstandards Einzug gehalten. Im "Ai Bragozzi" mit durchsichtigen Designersesseln serviert Pasquale hervorragenden rohen Fisch, den gibt es aber auch im "Bucintoro" oder "Pic-Nic". Viele bieten natürlich auch die ewigen Klassiker in passabler Qualität, Pizza, Pasta, Pesce. Im derzeit besten Lokal Caorles, im "Il Carro", kreiert Luca Faraona geschmackliche und optische Kunstwerke.

Am frühen Abend vor dem Essen ist Shoppingzeit, da punktet Lignano. Im "Sbaiz" weht internationales Flair, in der Viale Venezia finden sich noch eine Menge andere Edelboutiquen. Günstiger sind die Läden in der Via Tolmezzo, zum Beispiel im "Risskio", das sein eigenes italienisches Modelabel verkauft.

Die kleinen Gäste haben in den beiden Adriaorten auch mächtig Spaß, das Angebot an Themenparks ist im Sommer riesig. In Caorle locken Wasserpark Aquafollie und Luna Park, in Lignano Aquasplash mit Riesenrutschen und Wellenschwimmbad, im Gulliverlandia gibt es einen Zirkus und wunderbaren Ausblick vom 60 Meter hohen Turm. Und im Parco Zoo Punta Verde sind auf zehn Hektar 1200 Tiere zu bestaunen. Partytiger haben in Lignano ebenfalls genug Auslauf. Unzählige Bars und Discos warten. Die größte Diskothek ist das Mirò mit sieben Tanzflächen, der Kursaal punktet mit Freilufttanzbereich, Livemusik und Spitzen-DJs.

Lignano und Caorle, in dieser Saison sehen wir uns wieder. Auf Spaghetti vongole, tiefschwarzen Espresso, einen Plausch am Pier. Und auf viele Rendezvous mit Sonne, Strand, Adria. In einem Wort: auf Meer-Wert-Ferien.