Romantische Gefühle geraten beim Anblick der Villa Ottelio Savorgnan ins Fließen. So sanft, wie der Fluss Stella, der an ihr gemächlich, an manchen Stellen über die Uferauen schwappend, vorbeimäandert. Geheimnisvoll tritt hie und da Grundwasser zwischen unzähligen exotischen wie heimischen Pflanzen an die sumpfige Oberfläche, die das Anwesen umgibt, das einige Jahrhunderte im Besitz des einst bedeutendsten friulanischen Adelsgeschlechts Savorgnan war.
In dieser beschaulichen Szenerie sollen sich Lucina und Luigi, Cousine und Cousin zweier verfehdeter Familienzweige der Savorgnans, im Jahre 1511 öfters heimlich getroffen und einander die Ehe versprochen haben. Luigi Da Porto wurde kurz darauf im Dienste der venezianischen Garnison folgenschwer verletzt, Lucina Savorgnan Del Monte ehelichte schließlich unter dem Druck der Familie einen anderen.
Luigi brach das Herz. In der teils autobiographischen Novelle „Giulietta“ schrieb er sich den Schmerz von der Seele und verlegte unter anderem den Ort der Handlung nach Verona. Das Werk wurde in Neuinterpretationen in Teilen Europas veröffentlicht, bis es schließlich Shakespeare erreichte, dem es – so ist dem literaturwissenschaftlichen Diskurs zu entnehmen – Inspiration für sein Drama „Romeo und Julia“ war. Man muss also nicht mehr bis Verona reisen, um dem Mythos des berühmtesten Liebespaares der Welt ganz nah zu sein.
Regina Rauch-Krainer