Die ersten Kilometer der heutigen Etappe haben es in sich. Nach dem Frühstück in der gemütlichen „Pansion Tramuntana“ schultern zwei Wanderer ihre prall gefüllten Rucksäcke und folgen dem steinigen Pfad hinauf in die Berge. Einige Schafe kreuzen den Weg und blöken neugierig, wenig weiter lädt auf einer großen Wiese ein Labyrinth aus groben Steinen zur Pause.

Weiter führt die Strecke zunächst durch schattige Wälder, nagelneue Holzschilder und die blau-weißen Symbole mit dem roten Punkt der „Via Apsyrtides“ zeigen die Richtung zum höchsten Gipfel der kroatischen Insel Cres. Gut 600 Meter ragt der Gorice aus der Adria auf, hier ist die Landschaft karg und kilometerlange Steinmauern zeugen davon, dass die Menschen einst von Landwirtschaft und Schafzucht lebten. Oben angekommen eröffnet sich den Wanderern dann ein herrlicher Weitblick, der fast bis zum Ziel ihrer Mehrtageswanderung im Süden der Nachbarinsel Lošinj reicht.

Unterwegs laden die Steinlabyrinthe zum Abstecher
Unterwegs laden die Steinlabyrinthe zum Abstecher © Thomas Sbikowsk

Die neue Route „Via Apsyrtides“ ist insgesamt 149 Kilometer lang und verbindet in der kroatischen Region Kvarner den Norden von Cres mit dem Süden von Lošinj. Der offizielle Endpunkt befindet sich in Radovan auf der noch weiter südlich gelegenen Insel Ilovik. „Vor über zehn Jahren wanderte ich mit dem Zelt über die beiden Inseln“, blickt Dalibor Cvitkovic vom Tourismusverband Lošinj zurück. „Dabei hatte ich die Idee zur Via Apsyrtides.“ Als er zum Tourismusdirektor ernannt wurde, setzte er seinen Plan um. Der Name war schnell gefunden, denn der Begriff stammt aus der Antike, als Cres und Lošinj griechischen Legenden zufolge als Apsyrtides bezeichnet wurden. „Die gesamte Strecke lässt sich am besten in elf Etappen absolvieren“, erzählt der sportliche Kroate. „Es gibt aber auch jedes Jahr ein großes Event, bei dem Spitzensportler und Trail Runner die Tour in etwa 17 Stunden rennen. Das ist sehenswert.“

Neue Wegweiser zeigen Richtungen zu den nächsten Zielen
Neue Wegweiser zeigen Richtungen zu den nächsten Zielen © Thomas Sbikowsk
In Osor verbindet eine Drehbrücke die beiden Inseln
In Osor verbindet eine Drehbrücke die beiden Inseln © brch/Imago

Die beiden Wanderer lassen sich mehr Zeit und machen sich am nächsten Tag auf den Weg zur Inselhauptstadt Cres. Hoch oben am blauen Himmel gleiten einige der selten gewordenen Gänsegeier, links und rechts des Wegs wächst Salbei, der mit seinem betörenden Duft unzählige Insekten anlockt. Schon bald führt die Via Apsyrtides über alte Straßen aus Napoleons Zeiten, die nie fertiggestellt wurden. Mächtige Steinquader pflastern den historischen Weg, dann geht es über schmale Pfade durch Olivenhaine nach Cres.

Bunte Häuser säumen den kleinen Hafen, in dem sich ein Restaurant ans nächste reiht. Nach dem Mittagessen nehmen steht noch die vierte Etappe auf dem Programm und es geht weiter nach Valun zum Bed & Breakfast Palac. „Es kommen immer mehr Urlauber zum Wandern auf die Insel Cres“, weiß Matea Preksavec, die hier seit zehn Jahren Zimmer vermietet. „Die beste Zeit dafür ist im September, wenn es nicht mehr so heiß ist.“ Sie öffnet die Tür zum Apartment und empfiehlt noch schnell den Fisch vom Holzkohlegrill im Restaurant MaMaLu, der jeden Tag vom Fischer Marko frisch gefangen wird.

Von einer Insel zur anderen

Drei Etappen später führt die Via Apsyrtides im Fischerdorf Osor von Cres nach Lošinj. Einst waren beide Inseln hier verbunden, bis Seefahrer vor vielen Jahrhunderten einen Kanal anlegten. Heute trifft man sich jeden Tag gegen 17 Uhr am Hafen, wenn die Drehbrücke geöffnet wird und Fischerboote, kleine Yachten und Segler den schmalen Kanal durchqueren. Kühle Drinks zum Spektakel gibt es direkt nebenan bei der kleinen Bar des Camping „Preko Mosta“, wo Wanderer im Mobilehomes mit Brückenblick übernachten können.

Unterwegs laden einsame Buchten zur Badepause
Unterwegs laden einsame Buchten zur Badepause © Thomas Sbikowsk

Sind auf den Inselbergen von Lošinj die Höhenmeter die Herausforderung, sind es bei der neunten Etappe die schroffen Küstenfelsen. Die Route führt mehrere Kilometer direkt am Meer entlang, Trittsicherheit ist hier gefragt. Doch die Anstrengung wird belohnt, denn das Ziel ist mit Mali Lošinj der schönste Ort der gesamten Tour. Bunte Häuser reihen sich rund um das Hafenbecken, Urlauber flanieren über die blitzsaubere Promenade, von der kleine Ausflugsboote in See stechen.

Die Route verläuft auch durch die Hafenstadt Mali Lošinj 
Die Route verläuft auch durch die Hafenstadt Mali Lošinj  © IMAGO/Zoonar.com/Dalibor Brlek

Aber eine Etappe gilt es noch zu gehen: Über den Lungomare umrundet man die Halbinsel Čikat mit ihren dichten Kiefernwäldern und wandert auf dem immer einsamer werdenden Küstenweg gen Süden. Ein kurzes Bad in einer winzigen Bucht sorgt für Abkühlung, bevor der letzte Anstieg bevorsteht. Ein steiniger Pfad führt über die Berge der Inselmitte und ein letztes Mal zeigen die blau-weißen Symbole mit rotem Punkt den Weg über die Via Apsyrtides zum südlichsten Zipfel von Lošinj.