Beim Anflug und aus der Vogelperspektive dämmert es einem bereits: Lanzarote, 846 km² groß und nur 140 Kilometer westlich der marokkanischen Küste im Atlantik gelegen, ist besonders. Die Kanareninsel ist ein Paradebeispiel dafür, dass hinter vermeintlicher Kargheit oft besondere Schönheit steckt. Der dicht gedrängte Hauptort Arrecife ist insgesamt keine Offenbarung, aber wen es in die weitläufigeren Bereiche der Insel zieht, der wird reich entlohnt.

1730 bis 1736 kam die große Lava-Flut

Lanzarote wurde wie keine andere der acht bewohnten Kanarischen Inseln von vulkanischer Aktivität geprägt. Ein Fixpunkt sollte der Nationalpark Timanfaya sein – wo einem klar wird, dass die Insel zu drei Viertel mit Lava bedeckt ist. 300 Krater von etwa 100 Vulkanen prägen das Gesamtbild massiv, massive Ausbrüche gab es zuletzt 1730 bis 1736. Eine geführte Busrundfahrt durch die surreal anmutende Szenerie bleibt im Gedächtnis. In manchen Arealen wird direkt am Fuße der Vulkankegel erstklassiger Wein angebaut. Verkosten lohnt!

Für alle, die es zum Meer zieht, ist der endlose Strand von Caleta de Famara im Nordwesten eine Empfehlung. Weiter Himmel, endlose See und Lufttherapie für alle bedauerlicherweise nicht am Meer Geborenen oder Lebenden. Wer will und es kann, sollte sich auf ein Surfbrett begeben – der Autor hält es mit langen Spaziergängen zum Seeleauslüften.

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Nicht höher als eine Palme

Der große Bonus von Lanzarote: Die Insel ist ganzjährig wunderbar, angenehme Wasser- und vor allem Lufttemperaturen gibt es auch im Winter. Ebenfalls lohnend, wenn auch voller: die „Papageien-Strände“ bei Playa Blanca am südwestlichen Ende der Insel, wo einen mehrere natürliche Sandbuchten locken.

Einen nicht hoch genug einzuschätzenden Einfluss auf die kulturelle Prägung und das Aussehen der Insel hatte bis zu seinem Tod 1992 der Künstler César Manrique. Er mahnte schon in den 1970er- und 1980er-Jahren vor den toxischen Effekten des Massentourismus. 1968 erreichte er beim befreundeten Präsidenten der Inselverwaltung Pepin Ramírez, dass kein Gebäude auf der Insel höher als drei Stockwerke gebaut werden darf. Bettenburgen gibt es de facto nicht, die Bausubstanz pendelte sich auf maximaler Höhe einer ausgewachsenen Palme (und davon gibt es auf Lanzarote viele!) oder weit darunter ein. Das kennt man von anderen Kanareninseln ja leider ziemlich anders.

Wie besonders die kreative Welt Manriques war und ist, sieht man am Lavatunnel Jameos del Agua, einem mystischen Ort. Diese Lavagrotte ist Zuhause einer blinden Albino-Krebs-Art, die sonst 2000 Meter tief auf dem Ozeangrund lebte.

Teguise, Juwel und einst Hauptstadt

Den Autor zieht es nach Teguise, den wohl reizvollsten Ort: Die einstige Insel-Hauptstadt erlebte ihre Blüte unter den Bethencourts und unter dem Marquis Herrera. Heute steht die Altstadt ob ihres historischen und architektonischen Erbes zu Recht unter Denkmalschutz. Teguise ist wie gemacht zum Flanieren und Einkehren und hält als älteste Stadt des Kanarischen Archipels auch sonst einiges parat.

Absolut sehenswert ist auch das Mirador del Río, der 1973 nach Plänen Manriques erbaute Aussichtspunkt auf dem spektakulär gelegenen Famarakliff. Von dort aus hat man unter anderem die wundervoll verschlafene Nachbarinsel La Graciosa, die zum Gehen und Radfahren einlädt, im Blick. Dort scheint die Zeit wohlig ausgehebelt.

Und der Lanzaroteño und die Lanzaroteña? Ein sympathischer, leicht herber Menschenschlag, der um den Reiz der Insel weiß – und vorzüglich aufkocht.