Was bringt ein Ehevertrag?
Antwort: Die Grazer Notare Peter Wenger und Walter Pisk sind sich einig: "Die Erfahrung lehrt, dass es klug ist, finanzielle Angelegenheiten zu Beginn zu regeln und nicht erst dann, wenn eine Beziehung schon zerrüttet ist." Eheverträge – die korrekte Bezeichnung lautet Scheidungsfolgenvereinbarungen – könne man sowohl vor der Ehe als auch während aufrechter Ehe schließen. Idealerweise wählt man den Zeitpunkt vor der Heirat.

Worüber können im Voraus Vereinbarungen getroffen werden?
Antwort: Über das gesamte Ehevermögen. Für Vereinbarungen über eheliche Ersparnisse sowie die Ehewohnung braucht es dabei einen Notar. Auch Unterhaltsvereinbarungen und Unterhaltsverzicht sind grundsätzlich zulässig, wie Wenger betont. Probleme könnten sich seiner Einschätzung nach dann ergeben, wenn sich die Gesetze oder die Umstände nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung wesentlich ändern beziehungsweise ein Ehegatte in Not gerät. Scheidungsfolgenvereinbarungen könnten vom Gericht nur dann abgeändert werden, wenn sie unbillig, unzumutbar oder sittenwidrig sind. "Diese Probleme kann man in der Praxis jedoch durch entsprechende Vertragsgestaltung zum Großteil in den Griff bekommen", erläutert der Notar die Thematik.

Abseits vom Ehevertrag: Wann hat ein Partner bei einer Scheidung Anspruch auf Unterhalt?
Antwort: Dafür müssen laut Pisk zwei Voraussetzungen erfüllt sein: "Eine Unterhaltspflicht besteht dann, wenn ein Ehegatte aus alleinigem oder überwiegendem Verschulden geschieden wird und der andere Ehegatte, vereinfacht ausgedrückt, auf Unterhalt angewiesen ist, weil er keine eigenen Einkünfte hat."

Wie ist der Verbleib der ehelichen Wohnung, die es schon vor der Ehe gab, bei einer Scheidung ohne eigene Vereinbarung geregelt?
Antwort: Die Ehewohnung ist jene Wohnung, in der das Paar bis zur Trennung gemeinsam wohnt. Wurde die Ehewohnung von einem Ehepartner in die Ehe eingebracht, geerbt oder hat er sie geschenkt bekommen, ist sie dann in die Aufteilung einzubeziehen, wenn dies so vereinbart wurde. "Oder wenn der andere Ehepartner oder ein gemeinsames Kind auf die Weiterbenutzung angewiesen ist", ergänzt Pisk.

Warum werden Eheverträge nicht häufiger geschlossen?
Antwort: Das größte Hindernis liegt wohl auf der Hand: Wie erklärt man jemandem, dass man so einen Vertrag für nötig hält, obwohl man ihn doch liebt und ihm vertraut? "Aus diesem Grund haben tatsächlich schon viele Paare vom Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung Abstand genommen, obwohl dies zumindest von einer Seite ursprünglich jedenfalls beabsichtigt war", sagt Wenger.

Welche Rolle können dabei die Eltern spielen?
Antwort: Eine beträchtliche. Pisk und Wenger haben die Erfahrung gemacht, dass häufig die Eltern des vermögenderen Partners vor der Hochzeit auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung bestehen. "Das führt häufig zu einer gewissen Anspannung innerhalb der zukünftigen Familie und kann dem Zauber des Jaworts die Romantik rauben."

Warum empfiehlt sich der Ehevertrag trotzdem?
Antwort: Das Damoklesschwert des mit einer Scheidung oft verbundenen Vermögensverlustes wird kalkulierbar bzw. fällt weg. Das wiederum kann sich, wie die Notare betonen, auch durchaus positiv auf eine Beziehung auswirken.

Dient ein Ehevertrag ausschließlich der Absicherung des finanziell bessergestellten Ehepartners?
Antwort: "Nein", betonen die Notare. Der Ehevertrag könne auch der Absicherung des finanziell schlechter gestellten Partners dienen. "Es ist durch eine solche Vereinbarung ja beispielsweise auch möglich, einem Ehepartner verschuldensunabhängig einen Unterhalt und eine angemessene Wohnversorgung zukommen zu lassen und diesen damit abzusichern", sagt Wenger. Dies komme in der Praxis jedoch eher bei Paaren mit größerem Altersunterschied und ungleichen Vermögensverhältnissen vor.