In vielen Unternehmen wird noch immer nur unter vorgehaltener Hand spekuliert, was der Arbeitskollege in etwa verdient. Noch immer gibt es Unternehmen, die der Belegschaft verbieten, untereinander über das Einkommen zu sprechen. Auch entsprechende Geheimhaltungsklauseln in Arbeitsverträgen sind nach Erfahrung der Arbeiterkammer noch immer Realität. Als Folge der mangelnden Transparenz steigen vor allem Frauen bei der Entlohnung vergleichsweise schlecht aus. "Gerade hatte ich eine Frau in der Beratung, die im Pausenkammerl der Firma zufällig erfahren hat, dass ein Kollege für die gleiche Arbeit um 600 Euro brutto mehr verdient als sie", schildert die AK-Expertin Bernadette Pöcheim ein aktuelles Beispiel. "Das Ganze wurde dann auch noch mit dem Verhandlungsgeschick des Kollegen abgetan." Dabei gibt es ganz klare Regeln, wann ein Gehaltsunterschied gerechtfertigt ist und wann nicht.
Dienstalter und biologisches Alter
"Schon 1998 hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass sich die Entlohnung nicht nach dem Verhandlungsgeschick richten darf", sagt Pöcheim. Der Arbeitgeber sei dafür verantwortlich, dass für gleiche und gleichwertige Arbeit dieselbe Entlohnung erfolgt. Pöcheim: "Wenn das Unternehmen dem Mann mehr bezahlen will, kann es dies tun, aber nur, wenn auch die Frau mit derselben Tätigkeit das höhere Entgelt bekommt."
Wann mehr Lohn bei gleicher oder gleichwertiger Tätigkeit legitim ist, lässt sich gut umgrenzen: "Ein Grund können zusätzliche Qualifikationen wie etwa Fremdsprachen- oder IT-Kenntnisse sein. Auch ein höheres Dienstalter und zusätzliche Berufserfahrungen können eine höhere Bezahlung rechtfertigen." Wird beim Einkommen hingegen mit dem biologischen Alter argumentiert, handle es sich um eine Altersdiskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz.
Laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen Entgeltsysteme transparent sein, also nachvollziehbar und im Einklang mit den Grundsätzen des Gleichbehandlungsprinzips gestaltet werden. "Für Frauen ist es besonders wichtig, sich die Informationen zu holen, um die berechtigte Frage stellen zu können: 'Warum verdient eigentlich mein Arbeitskollege mehr?'". Zu den eingangs erwähnten Verschwiegenheitsklauseln in Arbeitsverträgen ist zu sagen: In Österreich mussten sich die Gerichte damit noch nicht auseinandersetzen, wie Pöcheim betont, es gebe jedoch gute Gründe, sie als unzulässig zu betrachten. Für die Durchsetzung des Rechts auf gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit ist schließlich die Höhe des Einkommens der Vergleichsperson entscheidend. "In Deutschland gibt es eine Entscheidung, die zum Ergebnis kam, dass Klauseln in Arbeitsverträgen unwirksam sind, die Beschäftigten verbieten, über ihr Gehalt zu sprechen", sagt die AK-Expertin. Seit 2011 müssen Unternehmen, die mehr als 150 Beschäftige haben, übrigens alle zwei Jahre Einkommensberichte erstellen, die eine Vergleichsmöglichkeit mit Kolleginnen und Kollegen bieten.
Hier gibt's Unterstützung
Wie aber kann nun gegen Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgesetz vorgegangen werden? "Wenn es einen Betriebsrat gibt, ist jedenfalls dessen Unterstützung bei den Lohnverhandlungen einzuholen", betont Pöcheim. Können die Einkommensdifferenzen auf betrieblicher Ebene nicht behoben werden, gebe es die Möglichkeit, einen Antrag bei der Gleichbehandlungskommission zu stellen bzw. können die Einkommensdifferenzen nach dem Gleichbehandlungsgesetz am Arbeits- und Sozialgericht eingeklagt werden. Beratungen bzw. Hilfe bei der rechtlichen Durchsetzung in dieser Angelegenheit gibt es außerdem bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie auch der Arbeiterkammer.