Vor genau 20 Jahren formulierte ein 33jähriger Physiker am Kernforschungszentrum CERN die Grundlagen für das World Wide Web. Tim Berners-Lee konnte damals noch nicht ahnen, wie sehr er damit die Welt verändern würde. Im Grunde wollte er nur eine Methode finden, die enormen Datenmengen des Teilchenbeschleunigers einfacher zugänglich zu machen.

Weltverändernde Idee. Die Idee war es, das Konzept vernetzter Dokumente (Hypertext) mit dem Internet zu verbinden. Letzteres bestand in seinen Grundzügen bereits seit 1969. Damals wurde es aber fast ausschließlich für E-Mail oder Newsgroups genutzt.

"Wage, aber spannend". Seine Vorgesetzten beurteilten Aufsatz "Informations-Management" mit "wage, aber spannend". Mehr nicht. Er bekam keinerlei Ressourcen, seine Idee in die Tat umzusetzen. Er durfte sich nicht einmal in seiner Dienstzeit damit beschäftigen. Einzig einen Computer durfte er kaufen. An dem arbeitete er in der Freizeit weiter an seiner Idee. Am Weihnachtsabend des Jahres 1990 legte er dann endgültig den Grundstein für das WWW und präsentierte seinen Vorgesetzten die erste Website: info.cern.ch.

"Ein simpler Klick und Bäng! Eine neues Dokument tauchte am Bildschirm auf", erinnerte er sich gestern bei der Jubiläumsveranstaltung am CERN. Uns mag das heute trivial erscheinen - die Chefs von Berners-Lee empfanden das ähnlich. Zu sehr war man mit den Vorbereitungen für den neuen Teilchenbeschleuniger beschäftigt. Bedeutung und Tragweite dessen, woran der Physiker arbeitet, vermochte niemand zu erkennen. "Bei uns gibt es zu jeder Zeit unglaublich viele helle Köpfe, die viele clevere Ideen haben. Das Web war nur eine davon", meinte gestern Rolf Heuer, Generaldirektor des CERN.

Siegeszug in den USA. Auf der anderen Seite des Atlantiks verstand man die Idee besser. Dort - und nicht in Europa - trat das World Wide Web seinen Siegeszug an. Ende 1993 stellte der Student Marc Andreessen von der Universität von Illinois den ersten grafischen Webbrowser vor. Wenige Monate später macht er daraus Netscape, brachte das Unternehmen 1995 an die Börse und wurde Multimillionär - einer von vielen.

Kommerzielle Anbieter. Zu etwa der gleichen Zeit öffnete sich das - bis dahin rein wissenschaftliche - Internet für kommerzielle Anbieter. Kostenlose Ortsgespräche zum Aufbau von Internet-Verbindungen brachten das Netz zu den Massen. In Europa herrschten zu jener Zeit immer noch die Telekom-Monopole. Es gab zwar Online-Dienste wie BTX, diese waren jedoch elitär, beinahe unerschwinglich und boten keine Möglichkeit zum Mitmachen.