Welche Auswirkungen hätte die Entwicklung einer „Piratenwährung“ auf das Wirtschaftssystem?

Jörn Kleinert: Warum Piratenwährung? Es steht ja jedem frei mit jeder Art von Vermögenstitel zu handeln. Ein System wie Bitcoins basiert darauf, dass jeder mitmacht. Klar haben jene, die früh eingestiegen sind, einen Vorteil: So konnten Bitcoins billiger kaufen. Die Idee dahinter ist ja eine dezentrale Währung. Natürlich könnte sich das auch zu einem Schneeballsystem entwickeln – aber nicht geplant.

Die Dezentralität wird von den Entwicklern als Vorteil der Bitcoins herausgestrichen. Ist dem wirklich so?

Kleinert: Die Dezentralität ist vermutlich nicht wirklich machbar. Denn es würde eine enorme Menge an Rechenleistung benötigen, um jedes Mal zu prüfen, wie und wo die Bitcoins den Besitzer gewechselt haben. Und so haben jene, die durch ihre Rechenleistung Bitcoins erarbeiten, immer eine gewisse Machtbasis.

Also ist eine dezentrale Währung nicht machbar?

Kleinert: Das ist nicht gesagt. Es gab schon früher ähnliche Systeme. Ein Beispiel ist ein Babysitter-Ring. Wenn man auf die Kinder anderer Mütter aufgepasst hat, hat man einen Gutschein bekommen. Die konnte man innerhalb des Systems natürlich auch verkaufen. Wenn es zu einem Problem gekommen ist, hat man sich zusammengesetzt und entweder Gutscheine eingezogen oder neue ausgegeben. Im kleinen Rahmen funktioniert das. Bitcoins hat aber die kritische Größe schon überschritten. Das zeigt das Nutzerwachstum in den vergangenen Monaten.

Ein interessanter Punkt ist ja, dass die Menge der Bitcoins begrenzt ist – im Gegensatz zu den herkömmlichen Währungen.

Kleinert: Einem Monetaristen (volkswirtschaftliche Theorie, bei der die Wirtschaft einzig durch das Festsetzen der Geldmenge gesteuert wird) gefällt so ein System natürlich. Denn in einem fixen System lässt sich schnell der Vorteil einer fixen Geldmenge errechnen. Bei den Bitcoins steigt die Zahl der Nutzer derzeit aber stark an. Dadurch sind die Auswirkungen nicht mehr kalkulierbar. Es ist nur die Menge begrenzt, sonst gibt es keine Steuerungsmechanismen. Daher ist das System auch nicht stabil, was die Kurssteigerungen in den vergangen Monaten beweisen. Die begrenzte Menge bringt Deflation und die wird in der Wirtschaft generell als negativ gesehen.

Ihr Resümee?

Kleinert: Die Entwicklung dieser virtuellen Währung Bitcoins ist durchaus spannend. Das war´s aber auch schon. Sie bietet gegenüber den normalen Währungen keinen Vorteil.