Der gewaltige Expansionsdrang von Google verschlingt immer mehr Geld. Explodierende Kosten für neue Expansionsfelder und Personal stellen mittlerweile die starken Umsatz- und Gewinnsteigerungen des Internetriesen in den Schatten. Aktionäre befürchten, dass der Börsenliebling unter seinem neuen Chef Larry Page zu viel Geld investiert - und damit für sie selbst in Zukunft weniger vom Gewinn abfällt. Vor allem der Ausgabensprung im abgelaufenen Quartal um mehr als die Hälfte schreckt die Anleger auf. Google-Aktien verloren an der Börse Frankfurt 5,5 Prozent.

Google-Mitgründer Page, der den Chefposten vor kurzem von dem langjährigen Konzernlenker Eric Schmidt übernommen hatte, verfolgt große Ziele: Er will den Suchmaschinenspezialisten im lukrativen Zukunftsfeld der sozialen Netzwerke aufrüsten und hier Facebook attackieren. Im Bereich der mobilen Kommunikation will er dem iPad-und iPhone-Hersteller Apple die Zähne zeigen. Ein besonderes Steckenpferd von Page ist zudem die Entwicklung eines Autos, das von selbst fahren kann. Für diese Projekte will der 38-jährige Technikvisionär "klotzen statt kleckern". Die Zahl der Mitarbeiter soll 2011 um mehr als 6.000 aufgestockt werden. Allein im ersten Quartal stellte das Unternehmen rund 2.000 neue Leute ein, so viel wie nie zuvor. Und zum Jahresanfang genehmigte das Management den Mitarbeitern durch die Bank eine Gehaltssteigerung um zehn Prozent. Die erfolgsverwöhnten Investoren werden mittlerweile hellhörig.

"Die Ausgaben wachsen schneller als der Umsatz, und einige Leute sind doch sehr überrascht, wie bereitwillig der Konzern Geld ausgibt", sagte Analyst Colin Gillis von BGC Partners. "Wenn die Ausgaben gezielt sind und zu künftigen Umsatzflüssen führen, dann ist das gut für Larry. Kommt es dazu nicht, dann ist das ein Ergebnis mangelnder Kostendisziplin", warnte Gillis. Kollege Jason Helfstein von Oppenheimer & Co. kritisierte, Pages Aufmerksamkeit gelte nicht den Gewinnspannen, sondern steigenden Erlösen und neuen Geschäftsbereichen.

Google-Finanzchef Patrick Pichette versicherte unterdessen, die Disziplin des Konzerns habe sich nicht geändert. Google sei lediglich sehr zuversichtlich, was die Geschäftsaussichten angehe, sagte Pichette auf einer Analystenkonferenz. Sein als medienscheu geltender neuer Chef Page gab bei einem kurzen Auftritt auf der Veranstaltung ebenfalls seinem Optimismus Ausdruck - und zog sich dann zurück, ohne weitere Auskünfte zu geben. "Ich hoffe sehr, dass er mit der Zeit seine Strategie etwas klarer vorstellt", sagte Jim Tierney, Investmentstratege beim Vermögensverwalter WP Stewart, der Anteile an Google hält.

Von den Quartalszahlen zeigte er sich aber beeindruckt. "Es gibt in jeder Branche nicht viele Unternehmen, die so etwas schaffen", sagte er. Der Reingewinn im ersten Quartal zog um 17 Prozent auf 2,3 Mrd. Dollar an. Google verwies unter anderem auf den Erfolg neuer Formate in der Online-Werbung. Vor Sonderposten lag das Ergebnis aber unter den Markterwartungen. Der Umsatz betrug 6,54 Mrd. Dollar und lag damit gut 200 Mio. höher als von Experten erwartet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ergab sich ein Plus von 29 Prozent. Getrübt sahen Börsianer den Anstieg aber durch den massiven Ausgabenzuwachs von 54 Prozent auf 2,84 Mrd. Dollar.

Google-Aktien rutschten im vorbörslichen Handel um sechs Prozent ab. Viele Analysten senkten ihre Kursziele für die Titel. Die Experten von Citigroup stuften sogar ihre Anlageempfehlung herab. Sie raten nicht länger zum Kaufen, sondern nur noch zum Halten des Papiers.