„Dou sitz’n de, de oiwei dousitz’n“ prangt auf einer Holztafel, die eine Pergamentrolle imitieren soll, über unserem Tisch. Im Restaurant Brunner, direkt im Schladminger Zentrum gelegen, hat man uns den Stammtisch reserviert. Bevor wir uns vor wütenden Blicken oder sonstigen Unmutsbekundungen der einheimischen Langzeit-Tischrechte-Inhaber fürchten, beruhigen wir uns mit der Vorstellung, dass es entweder um die Mittagszeit noch keinen Stammtisch gibt oder er sich ganz aufgelöst hat. Das Reservierungspersonal wird schon wissen, was es tut.
Die Mittagskarte ist dieselbe wie jene am Abend. Der frühe Termin hat den Vorteil, dass das Gasthaus noch nicht von hungrigen Skitouristen geflutet ist, Skisaison ist Hochsaison im WM-Ort. Das Gasthaus schafft es, auch am helllichten Tag mit einer angenehmen Atmosphäre aufzuwarten. Die Holztische in unserem Bereich haben sich entschieden, lieber solo zu bleiben als mit Tischtüchern aufzuwarten.
Die erste positive Überraschung ist die ebenso professionelle wie zuvorkommende Bedienung: Die Kellnerin beeindruckt mit Leichtigkeit und Freundlichkeit, kein auswendig gelerntes Herunterleiern, keine Anbiederung. Die gute Stimmung überträgt sich.
Das Gasthaus hat die regionalen österreichischen Spezialitäten um eine Auswahl an ayurvedischen, basischen, vegetarischen und veganen Gerichten ergänzt, haben wir auf der Homepage gelesen. In der Woche unseres Besuchs findet man auf der Mittagsmenükarte eine Asiatische Hühnerpfanne mit Sobanudeln (15,40 Euro) ebenso wie als „ernährungsbewusste“ Alternative das vegane ,Wildragout‘ mit Seitan-Pilzen und Wurzelgemüse (14,30 Euro).
Wir entscheiden uns für Selbstbestimmung und ordern a la carte und von der Tageskarte. Die Kartoffelcremesuppe meiner Begleitung ist fein abgeschmeckt, das Pulled Kitz als Vorspeise mit Trüffel-Majo, Salatherz, Röstzwiebeln und Kartoffel-Espuma (10,60 Euro) kommt geschmackvoll und üppig. Die Zielgruppe der Skifahrerinnen und Skifahrer braucht nach dem Pistenspaß augenscheinlich Kalorien in größerer Menge anstatt Appetithäppchen.
Als Hauptspeise wähle ich die geröstete Leber, meine Begleitung zieht, glaubt sie, unbemerkt eine Augenbraue hoch. Innereien-Liebhaberei ist eine eigene Leidenschaft, die manche haben und andere gar nicht. Ob man Leber mag oder nicht, bleibt Geschmackssache. Jene im Gasthaus Brunner mit Kartoffelpüree, Apfel, Speck und Röstzwiebeln (15,10 Euro) ist jedenfalls sehr gut: bissfest und fein aromatisch. Die Kürbislasagne von der Tageskarte überzeugt meine Begleitung ebenfalls, genauso wie der hausgemachte, warme Apfelstrudel frisch aus dem Ofen (5,90 Euro). Beim hausveredelten Brie um 9,80 Euro (mit Kürbiskern-Pesto, Trüffel, Kletzen, Grissini und Feigensenf) der etwas zu kühl serviert wird, hat Küchenchefin Tamara Tritscher gekonnt kombiniert. Die Größe reicht wiederum, um eine Vierergondel an Skifahrern käsetechnisch zu versorgen.