Sie erweitern im Biohotel Daberer die klassische Lehre um Slow Food. Wie kann man sich das im Detail vorstellen?
MARIANNE DABERER: Wir schaffen eine einmalige Verknüpfung zwischen Tourismus und Lebensmittelhandwerk, indem wir die klassischen Lehrberufe Köchin/Koch und Restaurantfachfrau/-mann um lehrreiche und spannende Slow-Food-Module erweitern. Neben der qualitativ hochwertigen Lehre im Hotel verbringt der Lehrling jährlich eine Woche bei einem Produzenten-Partner. Dafür konnten wir sechs herausragende Lebensmittelhandwerker gewinnen. Mit dabei sind Bio-Rohmilchkäser Lukas Zankl, Biobauer und Fleischhauer Markus Salcher, Bio-Gemüse-Bäuerin und Saatgutexpertin Christine Halder, Loncium-Bier-Braumeister Klaus Feistritzer, Schnapsbrenner Rudolf Schwarzer und Bio-Winzer Markus Gruze. Außerdem organisieren wir für jeden Lehrling jährlich drei Slow-Food-Travel-Workshops bei uns in der Region. Und zum Schluss wartet eine Reise ins Piemont, in die Wiege des Slow Foods.Welche Aufgaben dürfen Eure Lehrlinge in diesem Bereich kennenlernen?
Bei unseren Produzenten-Partnern arbeitet der Lehrling eine Woche lang mit. Dabei geht es darum, direkt im Produktionsalltag, der ja auch je nach Jahreszeit variieren kann, mitzuarbeiten und das Produkt und seine Entstehung kennenzulernen. Alles, was man einmal selbst mit den Händen gemacht hat, versteht man viel besser als jede Theorie.
Warum ist es für unsere kulinarische Zukunft wichtig, Produzenten und ihr Handwerk kennenzulernen?
Für ein zukunftsfähiges, wertschätzendes Lebensmittelverständnis sind Küche und Service Schlüsselberufe. Durch die handwerkliche Mitarbeit bekommt man ein Verständnis für das Grundprodukt, man versteht, wie viele Stunden Arbeit darin stecken, man durchschaut die wahren Kosten eines Produkts und auch, was wir als Gesellschaft wofür zahlen. Mit diesem Sommer geht es los.Welche Ausbildungszweige stehen zur Auswahl?
Zu Beginn bieten wir die Lehre in zwei Zweigen an. Die Lehre zur Slow-Food-Köchin und die zum Slow-Food-Restaurantfachmann. Dabei ist sowohl eine Lehre mit als auch ohne Matura möglich. Auch eine Lehre auf dem zweiten Bildungsweg ist eine Option. Die Produzentenmodule wählen wir dann gemeinsam mit dem Lehrling – je nach Ausbildungszweig und auch Interesse.
Gibt es zusätzliche Vorteile, die Lehrlingen geboten werden?
Zusätzlich zu den Slow-Food-Modulen nimmt jeder Lehrling wie auch das ganze Team laufend an unseren Antrieb-Schulungen teil. Bei diesen Schulungen dreht sich auch viel um hochwertige Produkte und deren Verarbeitung oder Präsentation. Aber auch Themen wie Zero Waste, Umweltbewusstsein und Persönlichkeitsentwicklung kommen hier vor. Selbstverständlich ist auch, dass alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich die Möglichkeit haben, kostenlos drei Slow-Food-Bio-Mahlzeiten bei uns im Hotel zu essen. Neben der Wohnmöglichkeit in unseren Teamhäusern stehen außerdem sämtliche Hotelangebote kostenlos offen.Gerade Eure Region, das Gailtal, brennt ja förmlich für das Thema Slow Food. Ist die Botschaft auch im restlichen Land angekommen?
Ja. So ist das. Darauf sind wir stolz. Hier im Gailtal spürt man an vielen Orten und in vielen Betrieben, wie Slow Food und die Liebe zu Handwerk und Lebensmittelproduktion gelebt und weitergegeben werden. Wie gut die Vernetzung untereinander und das stärkende Miteinander funktionieren. Das Thema ist hier über Jahrzehnte gewachsen. Das macht es echt. Wir sind hier die Basis für Slow Food in Kärnten. Aber im ganzen Land gibt es Slow Foodies mit Herz und Hirn. In der Produktion und auch in der Weiterverarbeitung. Überall dort, wo es mehr um den Inhalt als um die Plakette geht, dort hat man Slow Food verstanden. Aber es ist noch eine lange Reise.
Gibt es Bestrebungen, Euer Modell breiter auszurollen? Es wäre bestimmt von Vorteil, wenn jeder Lehrling in der Tourismusbranche solche Einblicke und Erfahrungen bekommen könnte.
Slow Food lebt davon, dass gute Ideen neidlos weitergetragen werden. Ich glaube, dass die Slow-Food-Lehre und das daraus entstehende Verständnis für Landwirtschaft, Naturverbundenheit, Wirtschaft und Konsumation wertvoll für eine Esskultur der Zukunft sind. Daher ist es sinnvoll, das Modell breiter auszurollen. Nur muss dafür halt zuerst die Unternehmensphilosophie stimmen. Ein Restaurant, das Kochen als Aufwärmen von Convenience-Produkten versteht, kann keine Slow-Food-Lehrlinge ausbilden.