B runo Paillard hat "ein kleines Champagnerhaus", wie er selbst sagt, in Reims. Er nennt sich Komponist, weil er aus einer Fülle von Instrumenten und Tönen Neues schafft. Im Metier des 58-Jährigen heißt das: auf Trauben aus möglichst unterschiedlichen Lagen der Champagne zurückgreifen zu können, aus denen sich unterschiedliche Grundweine gewinnen lassen, die der Produzent dann als "Assemblages" zusammenmischt, als seine ganz persönlichen Champagnerkreationen. Paillard, der 30 Hektar eigenes Rebland besitzt, hat Lieferverträge mit Winzern aus allen Ecken der Champagne geschlossen. "Es gibt nicht den einen großen Champagner, genauso wenig wie es den einen großen Menschen gibt", sagt der Sommelier. Großartige Champagner wie großartige Menschen zeichneten sich durch einen starken Charakter aus, die unverwechselbare Persönlichkeit.

Der Champagnerhersteller hat einen prominenten Mitstreiter gefunden: Joel Robuchon, Spitzenkoch und Herrscher über ein von Macao bis nach Las Vegas reichendes Restaurant-Imperium. 1997 war der vom Gourmetführer Gault-Millau als "Koch des Jahrhunderts" ausgezeichnete Franzose auf den am Südrand von Reims residierenden Champagnerhersteller aufmerksam geworden. Mit ernster, ja misstrauischer Miene sei Robuchon bei ihm aufgekreuzt, habe ihn mit Hunderten von Fragen traktiert, erzählt Paillard. Wie sich herausstellt, war dies der Beginn einer wunderbaren - lukrativen - Freundschaft.

500.000 Flaschen

Paillard wird Verbündete vom Kaliber eines Robuchon womöglich noch brauchen können. Die Krise fordert ihren Tribut. Von den jährlich produzierten 500.000 Flaschen gehen drei Viertel ins Ausland. 2010 brachen Frankreichs Champagnerexporte um 12,4 Prozent ein. Die wirtschaftliche Ungewissheit setze ihm zu, gesteht Paillard. Er tröstet sich mit dem, was er hat, nippt am Champagner, dem er "ein Crescendo im Gaumen" attestiert, begutachtet die "Perlage", die wie Perlen an einer Schnur den Kelch hinaufsteigenden Kohlensäurebläschen.

"Bei aller künstlerischen Freiheit, es gibt auch objektive Qualitätsmerkmale", sagt er. "Weist ein Champagner Grautöne auf oder Froschaugen, diese nach zu schneller Gärung entstehenden großen Blasen - dann taugt er nichts."