Die Herren stecken ihre Nasen tief in ihre Rotweingläser, schnüffeln einen Moment und kippen den Inhalt dann ex hinunter. "Nicht schlecht", raunzt einer, und während er sich mit den Stäbchen noch ein Stück Fleisch von der Drehplatte angelt, gießt ein beflissener Kellner aus einer Kristallkaraffe nach. Es folgt das nächste Glas und das übernächste, bis einer den Vorschlag macht, doch endlich die Karaoke-Maschine anzulassen.

Die Freunde sind in teuren Limousinen aus dem drei Stunden entfernten Peking angereist, um einen Abend lang das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden: Geschäft mit Genuss. Den Rahmen bietet das Weingut "Bodega Langes" in Changli, ein im europäischen Stil gebautes Landschlösschen mit 188 Hektar Weinreben. Aus Lautsprechern schallt Mozart durchs Tal, ebenso wie durch die Gewölbe des ausgehöhlten Berges, in dem der Wein in Eichenfässern lagert. "Die Musik verbessert die Qualität", versichert der Gutsverwalter Ren Jing. Rens Kunden, fast ausschließlich Stammgäste, sind reiche Pekinger, die jährlich Flaschen im Wert von 5500 Euro in ihrem eigenen Kellerraum einlagern und die Bodega dafür mit ihren Freunden und Geschäftspartnern nutzen können. Neben einem Hotel und Restaurant bietet die Anlage auch ein Spa, in dem man sich mit frisch gepresstem Traubenkernöl massieren lassen kann. "Immer mehr Chinesen interessieren sich für Wein, und wir bieten ihnen die Gelegenheit, Weinkultur in einem exklusiven Umfeld zu genießen", sagt Ren.

Benannt ist die "Bodega Langes" nach ihrem Besitzer Gernot Langes-Swarovski, ehemals Geschäftsführer des österreichischen Kristallkonzerns Swarovski und einer von vielen internationalen Unternehmern, die in Chinas Weinmarkt eine lukrative Zukunftsbranche sehen.

Im Durchschnitt trinkt jeder Chinese zwar nur knapp eine Flasche Wein im Jahr, gegenüber 30 Flaschen in Deutschland und fast 70 in Frankreich. Doch der Konsum wächst gegenwärtig um rund 20 Prozent im Jahr. 2010 stieg China zum sechstgrößten Konsumenten von Wein weltweit auf.

Rotwein als Medizin

Zwar kann die Mehrheit mit den Geschmacksnuancen von Wein noch wenig anfangen. Manche Chinesen mischen ihren Rotwein mit Cola oder kühlen ihn mit Eiswürfeln. Andere setzen Rotwein mit Knoblauch, Zwiebeln und Kräutern an und trinken ihn als Medizin. Doch junge Chinesen lernen inzwischen auf Seminaren für westliche Lebensart neben Begrüßungsküsschen oder dem Essen mit Messer und Gabel auch das Weintrinken.

Weil in China selbst kein wirklich guter Wein gekeltert wird, erwerben chinesische Konzerne Weinberge von Bulgarien bis Australien. Vor allem aber haben sie es auf Bordeaux abgesehen. In den vergangenen drei Jahren wechselten in dem französischen Weinbaugebiet sechs Weingüter in chinesische Hände. 2010 war China mit 333 Millionen Euro bereits der größte Kunde in Bordeaux.

Statussymbole können auch gefährlich sein. So sorgte kürzlich ein Konzern für Aufsehen, der für seine Manager einen Weinkeller um rund 1,75 Millionen Euro angelegt hatte. Die Verantwortlichen wurden entlassen.