Franz Grabner, Grazer Uhrmachermeister in fünfter Generation.
Franz Grabner, Grazer Uhrmachermeister in fünfter Generation. © Simon Möstl
Uhrwerkreparatur: Geduld und Logik sind gefragt
Uhrwerkreparatur: Geduld und Logik sind gefragt © Simon Möstl

Wer Franz Grabner in seinem Uhren- und Schmuckgeschäft unweit des Grazer Mariahilferplatzes besucht, bekommt ein Gefühl für Zeit. Lautlos verstreichen die Sekunden, aber die Zeiger der vielen Uhren machen sie lebendig, geben ihnen ein Gesicht. Demütig deutet Grabner auf eine mächtige Pendeluhr. „Das war einmal die genaueste mechanische Uhr, die es gab“, sagt er fast schon ehrfürchtig. „Nur wenige Sekunden Abweichung pro Jahr, das muss man sich einmal vorstellen!“ Und dann werden aus Sekunden plötzlich Jahre: Wenn Grabner in die Vergangenheit blickt und davon erzählt, dass seine Familie schon seit fünf Generationen immer wieder Uhrmacher hervorbringt. Und die Tradition weiterführt.

„Die Zeit beschäftigt doch irgendwie jeden“, sagt er. Ob das nun ein junger Mensch sei, der sich ein modernes Produkt kauft, jemand, der eine Uhr zum Service bringt oder ein älterer Kunde, dem man eben dabei helfe, die Sommer- oder Winterzeit auf seinem Modell einzurichten. Letztlich sei der Platz auf dem Handgelenk ein ganz besonderer. Wenn auch heutzutage ein umkämpfter. Grabner meint damit das Duell der elektronischen Smartwatch gegen die klassisch-mechanische Armbanduhr. Oder, wie er es ausdrückt: „Lifestyle und pragmatische Funktion gegen Prestige und Wertigkeit.“
Unternehmer wie Franz Grabner sehen sich besonders in Zeiten des Online-Handels als Nahversorger, als jemand, der für Menschen einfach da ist, ihnen ein persönliches Gefühl vermittelt. „Von der Kaufberatung bis zur Nachsorge“, wie der Uhrmachermeister betont. Aber auch als Arbeitgeber: So beschäftigt er unter anderem zwei ausgebildete Uhrmacher, die sich um Servicearbeiten kümmern. „So eine Ausbildung dauert mit 3,5 Jahren vergleichsweise lange – sicher einer der höchst qualifizierten Lehrberufe“, sagt Grabner. Wer die Lehre abschließt, gilt als Feinmechaniker, der es versteht, fingerfertig und feinfühlig mit unterschiedlichen Materialien umzugehen. Eine Arbeit, die Detailverliebtheit, Ausdauervermögen und auch Logik voraussetzt. So, wie es Manfred Rath, einer von Grabners Angestellten, vorzeigt.


Mit Lupe, Stift, Pinzette und weiterem speziellem Equipment nimmt er filigrane Uhrwerke auseinander, setzt neue Teile ein und baut das Konstrukt wieder zusammen. „Reparieren können Uhrmacher fast alles, nur ist die Ersatzteilbeschaffung sehr selektiv“, sagt Grabner. Da hänge man am „Gängelband der Industrie“. „71 aktive Uhrmacher mit Gewerbeberechtigung gibt es in der Steiermark“, weiß Michael Gerstner, Berufsgruppensprecher der steirischen Uhrmacher. Eine überschaubare Zahl, von denen vielleicht 40 noch selbst an den Tischen sitzen, so Gerstner. Dennoch sei ein Berufsabschluss als Uhrmacher heute gefragt. Denn die, die heute die Ausbildung absolvieren – die meisten tun es in der Fachschule im niederösterreichischen Karlstein – hätten sofort einen Job. Nicht nur im Ausland, etwa in der Schweizer Industrie, auch bei Fachbetrieben im Inland, die immer qualifiziertes Personal suchen.Mit dem Uhrenverkauf an sich könne der Handel durchaus zufrieden sein, sagt Gerstner: „Es passt noch immer ganz gut.“ Das bestätigen die Zahlen. So hat der Juwelen-, Uhren-, Kunst-, Antiquitäten- und Briefmarkenhandel in Österreich 2015 mehr als 1,8 Milliarden Euro umgesetzt und beschäftigt rund 6200 Mitarbeiter. 385 aktive Fachgruppenmitglieder, also Branchenunternehmen, gibt es in der Steiermark. „Der Trend im Uhren- und Schmuckhandel geht in vielen Bereichen stark in Richtung Lifestyle-Produkte, wobei Schmuck und Uhren von den Kunden heute oft als modisches Accessoire gekauft werden und dabei häufig ganz bestimmte Marken nachgefragt werden“, erzählt Johannes Klemm, Gremialgeschäftsführer Mode, Lifestyle, Gesundheit der Wirtschaftskammer Steiermark. Speziell der Dezember – also die Vorweihnachtszeit – sei für den Uhren- und Schmuckhandel die umsatzstärkste Periode im Jahr.

Michael Gerstner, Berufsgruppensprecher der steirischen Uhrmacher
Michael Gerstner, Berufsgruppensprecher der steirischen Uhrmacher © Atelier Heimo Binder

Auch Franz Grabner rüstet sich für eine heiße Geschäftszeit im kalten Winter. Und er freut sich mit seinem Sohn, der wie seine Vorfahren mittlerweile ebenfalls ausgebildeter Uhrmacher geworden ist. Tradition scheint eben keine Zeit zu kennen.