Viele können den Begriff nicht richtig aussprechen, meinen darin aber dennoch einen Bösewicht auszumachen: Gluten. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort für Leim ab, was den Stoff gut beschreibt: Gluten ist das Klebeeiweiß, das in einigen Arten von Getreide zu finden ist. Bemerkbar macht sich Gluten vor allem dann, wenn Getreidemehl auf Wasser trifft - Gluten sorgt dann für den elastischen Teig.
Mittlerweile treibt aber auch viele die Sorge um, dass Gluten im Körper negative Folgen nach sich zieht - zum größten Teil zu Unrecht, wie Diätologin Manuela Hatz (FH Joanneum) aufzeigt. „Diverse Berichte von Hollywoodstars sowie Bücher über ,bösen Weizen' haben dazu beigetragen, dass Gluten zum Bösewicht Nummer eins ernannt wurde“, sagt Hatz. Auch der Trend in Richtung einer Diät, die sich an der Steinzeiternährung orientiert, tut das seinige, Gluten zu verunglimpfen. Doch: „Abgesehen von definierten Krankheitsbildern, gibt es keinen Grund, auf Gluten zu verzichten“, sagt Hatz. Diese Krankheitsbilder heißen Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität.
Die Weizenallergie ist eine echte Nahrungsmittelallergie, wobei das Immunsystem auf Weizen überreagiert und es neben Magen-Darm-Beschwerden auch zu klassischen Allergiesymptomen kommt. Dabei müssen Weizen und alle verwandten Getreidesorten gemieden werden.
Die Zöliakie wiederum ist eine schwere Erkrankung im Dünndarm: „Das Immunsystem reagiert auf Gluten und dadurch wird die Schleimhaut im Dünndarm zerstört“, sagt Hatz. In der Folge können Nährstoffe nicht mehr richtig aufgenommen werden, es kann zu Gewichtsverlust, Durchfällen, Ödemen durch Eiweißmangel und Magen-Darm-Beschwerden kommen. Betroffene müssen lebenslang glutenfrei essen und Weizen und verwandten Getreidesorten meiden.
Wurden diese beiden Krankheitsbilder ausgeschlossen, gibt es noch ein drittes, weniger bekanntes Problem mit Weizen: die Weizensensitivität. Dabei kommt es auch zu Magen-Darm-Beschwerden, nachdem man Getreideprodukte gegessen hat. „Es gibt noch keine diagnostischen Tests“, sagt Hatz, die Diagnose passiert durch den Ausschluss der anderen Erkrankungen. Die Ursache könnten natürliche Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Parasiten in heute gezüchtetem Weizen sein.
Fehlende Ballaststoffe
Während völlig unklar ist, ob der Glutenverzicht für gesunde Menschen einen Vorteil bringt, kann eine langfristige glutenarme Ernährung Nachteile haben. Denn: Glutenfreie Produkte enthalten teilweise weniger Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Und: Da Gluten fehlt, werden oft Zucker, Fett oder Stabilisatoren zugesetzt, um das Manko wettzumachen. „Ein kritischer Blick auf die Zutatenliste ist hier gefragt“, sagt Hatz, „denn glutenfrei heißt nicht automatisch gesünder.“
Sonja Saurugger