1 Wie gestaltet sich die Infektionslage in Österreich aktuell?

Die Infektionszahlen steigen wieder an, was im vierten Jahr nach Aufkommen von Sars-CoV-2 keine Überraschung sein sollte. Man sei nun in einer Phase, "wo wir alle paar Monate deutliche Infektionswellen sehen. Nach einem ruhigen Sommer geht es wieder los", sagt Forscher vom Complexity Science Hub Vienna und der Medizinischen Universität Wien. 

Die steigenden Infektionszahlen spiegelt auch das Sari-Dashboard wider, das über stationäre Spitalsaufnahmen mit Atemwegserkrankungen informiert. Diese lagen zuletzt bei etwa 155 verzeichneten stationären Aufnahmen in Kalenderwoche 34 (gegenüber 37 in KW 28). Die Zahl der Covid-19-Patientinnen und -Patienten in Spitälern sei auf einem "niedrigen Niveau" im Vergleich zu 2020 und 2021, sagte Klimek.

2 Wurden "Eris" und "Pirola" schon in Österreich nachgewiesen?

Kurze Antwort: "Eris" ja, "Pirola" nein. Klimek sieht vor allem neue Varianten wie EG.5, also Eris, als Treiber des Infektionsgeschehens. Andreas Bergthaler, Virologe von der Medizinischen Universität Wien, sieht zusätzlich noch weitere Faktoren, die ein Plus an Fällen begünstigen, wie er vor Kurzem gegenüber der Kleinen Zeitung sagte: Da wäre das Verhalten der Menschen, haben wieder mehr Kontakte durch Restaurantbesuche, Veranstaltungen, Urlaub. Wir tragen weniger Maske, halten weniger Abstand. "Eris" sei mit über 40 Prozent in den vergangenen Wochen die dominante Variante in Österreich – wie auch in vielen anderen Ländern, so Bergthaler.

Die Variante BA.2.86, also "Pirola", wurde in Österreich noch nicht nachgewiesen, auch nicht in Deutschland (Stand 7. September 2023), aber in der Schweiz. Insgesamt sind die bestätigen Fallzahlen aber noch gering, laut WHO wurden weltweit bislang 42 Fälle in elf Ländern bestätigt. Seit Mitte August steht "Pirola" auch unter besonderer Beobachtung der WHO.

3 Was ist neu an den neuen Varianten?

Beginnen wir mit "Eris" (EG.5). Sie ist, wie "Pirola" auch, ein Abkömmling der Omikron-Familie. Sie weist einige Mutationen auf, die ihr helfen, die Immunantwort des Körpers zu unterwandern. Das bedeutet übersetzt, man kann sich etwas leichter damit infizieren als mit anderen Varianten. "Es gibt bei dieser Variante keine Anhaltspunkte, dass sie grundsätzlich gefährlicher ist als andere Varianten", sagt Bergthaler.

"Pirola" ist insofern eine Überraschung, als sie ein Abkömmling der Omikron Subvariante BA.2 ist, und diese kaum mehr zirkuliert. "Man geht davon aus, dass wahrscheinlich in einem immunsupprimierten Patienten diese Variante über Monate zirkuliert und sich dort mit weiteren Mutationen angepasst hat", sagt Virologin Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt. Aber, so richtig viel ist über die neue Variante noch nicht bekannt – das liegt auch an der geringen Fallzahl. Sie könne künftig noch eine Rolle spielen, "aber es spricht einiges dafür, dass diese Variante weniger infektiös ist als angenommen und nicht ganz so starke Immunfluchteigenschaften hat", sagt Bergthaler.

4 Wie gut schützen die angepassten Impfstoffe?

Die angepassten Covid-19-Impfstoffe, die dieser Tage in Österreich eingetroffen sind, wurden an die weit verbreitete Omikron-Variante XBB.1.5 angepasst. Laut Einschätzung Bergthalers werden diese auch Pirola "relativ gut" abdecken. Es gebe zum jetzigen Zeitpunkt "kein großes Erregungspotenzial": "Das Virus verändert sich, wir haben eine Immunität, gleichzeitig geht es gen Winter und die Infektionszahlen werden steigen."

Leif Erik Sander, Direktor der Abteilung für Infektiologie an der Berliner Charité, gibt zu bedenken, dass es noch wenig veröffentlichte Daten zu den neuen Impfstoffen gibt. "Aktuell liegen nur im Preprint-Format
Immunitätsdaten vor, und die zeigen eben das, was man erwarten konnte, dass sich die Antikörperantwort durch einen Booster mit der XBB.1.5-angepassten Impfung noch mal verbreitert und dann
auch Antikörper gebildet werden, die diese Variante wieder besser neutralisieren können." Und zur Schutzwirkung: "Zurzeit schaut es also so aus, dass wir Impfstoffe haben, welche die derzeit zirkulierenden Varianten gut neutralisieren können."

5 Wie sollte man sich schützen? 

Bergthaler sieht einen großen Unterschied zwischen der aktuellen Situation und dem Beginn der Pandemie. "Der große Unterschied zu 2020 ist, dass das Immunsystem bei den meisten mittlerweile durch Impfungen oder auch natürliche Infektionen gut trainiert ist, weshalb eher eine geringe Anzahl an schweren Verläufen in der Bevölkerung zu erwarten ist. Darüber hinaus können wir das Covid-19-Risiko besser einschätzen, wenngleich es weiterhin wichtige offene Fragen gibt, gerade zu postviralen Problemen wie Long Covid", gibt Bergthaler zu bedenken.

Eine Möglichkeit, sich zu schützen, ist die Maske. Am besten das Infektionsgeschehen im Auge behalten, und wenn die Fälle zunehmen, auf diese zurückgreifen. Etwa in Liften oder öffentlichen Verkehrsmitteln, also überall dort, wo sich viele Menschen auf engem, wenig belüftetem Raum aufhalten.

Die zweite Möglichkeit ist die Impfung – siehe oben. Vor Kurzem wurden die neuen Impfempfehlungen veröffentlicht. Generell ist die Auffrischung allen Personen ab zwölf Jahren empfohlen. Besonders aber Personen über 60 und Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, sowie Gesundheitspersonal.