Adipositas ist ein Hauptrisikofaktor für schwere Covid-19-Verlaufsformen und schwächt das Immunsystem. Umgekehrt schützt die Impfung über alle "Gewichtsklassen" hinweg. Das hat eine Studie mit den Daten von neun Millionen Personen in Großbritannien ergeben. "Einer von fünf Menschen weltweit hat ein besonderes Risiko für einen schweren Verlauf einer Sars-CoV-2-Infektion durch zusätzliche gesundheitliche Belastungen. Es gibt konsistente Hinweise darauf, dass Adipositas ein signifikanter unabhängiger Risikofaktor ist", schrieben jetzt Carmen Piernas und ihre Co-Autoren in "Lancet Diabetes and Endocrinology". Zusätzlich gebe es offenbar eine Korrelation zwischen Adipositas und einem schwächeren Ansprechen auf die Impfung.

Für die wissenschaftliche Untersuchung werteten die Experten deshalb die Daten von 9.171.524 Personen aus, die in England bei Hausarztpraxen im Rahmen des staatlichen Gesundheitswesens (NHS) eingeschrieben waren. Die Beobachtungszeit erstreckte sich vom 8. Dezember 2020, als in England die ersten Impfungen gegen Covid-19 erfolgten, und 17. November 2021. Die Informationen wurden nach mehreren "Gewichtsklassen" ausgewertet: ein BMI (Body Mass Index) von weniger als 18,5 (Untergewicht), BMI 18,5 bis 24,9 (Normalgewicht), BMI 25 bis 30 (Übergewicht) und Adipositas (BMI über dem Wert von 30). Das mittlere Alter betrug 52 Jahre, der mittlere BMI-Wert 26,7. Das bedeutet auch, dass in England die Menschen im Mittel übergewichtig sind.

Wie die Experten dokumentierten, zeigte sich bei allen zumindest zweimal gegen Covid-19 geimpften Personen ein hoher Schutzfaktor vor Spitalseinweisungen infolge von Covid-19: Bei Untergewichtigen verringerte sich diese Gefährdung ab zwei Wochen nach der Immunisierung um 49 Prozent, bei den Normalgewichtigen um 66 Prozent, unter den Übergewichtigen um 68 Prozent. Genauso hoch wie bei den Übergewichtigen war der Impfeffekt unter den Adipösen. Die Schutzrate vor einem durch Covid-19 bedingten Tod lag bei den Untergewichtigen bei 40 Prozent, bei den Normalgewichtigen bei 61 Prozent, bei den Übergewichtigen bei 70 Prozent und unter den Adipösen bei 74 Prozent.

Ein Teil des geringeren Schutzfaktors unter den Untergewichtigen dürfte auf eine geringere Durchimpfungsrate in dieser Gruppe zurückzuführen sein. Dort sollten mehr Anstrengungen bei Propagieren der Impfung unternommen werden, schrieben die Wissenschaftler.

Medikamentenpause bringt stärkeren Impfeffekt

Eine wichtige Erkenntnis haben britische Wissenschaftler vor Kurzem auch in "Lancet Respiratory Medicine" veröffentlicht (DOI: 10.1016/S2213-2600(22)00186-2; 27. Juni). Viele Menschen leiden nämlich an chronisch entzündlichen Erkrankungen und erhalten – zum Beispiel bei rheumatoider Arthritis ("Gelenksrheuma"), Psoriasis etc. – immunschwächende Medikamente. Am häufigsten verwendet werden hier niedrige Dosierungen des ehemals vor allem in der Onkologie benutzten Zytostatikums Methotrexat. Es ist zum Beispiel in der Behandlung der chronischen Polyarthritis eines der wichtigsten wirksamen Arzneimittel. Doch unter immunsupprimierender Therapie sprechen die Menschen auf Impfungen schlechter an.

Britische Wissenschaftler haben jetzt einen möglichen Ausweg bei der Covid-19-Impfung erprobt. Ab Herbst vergangenen Jahres nahmen sie 254 Patienten mit rheumatoider Arthritis (etwa die Hälfte), Psoriasis (34 Prozent) und anderen chronischen entzündlichen Erkrankungen auf. Alle wurden mit Methotrexat behandelt. Nach der dritten Teilimpfung gegen Covid-19 wurde dann bei 50 Prozent dieser Personen die Methotrexat-Therapie für zwei Wochen lang ausgesetzt.

Danach maßen Abhishek Abhishek und sein Autorenteam von der Universität Nottingham die Antikörperantwort in den beiden Probandengruppen. Dabei stellte sich heraus, dass die Patienten mit einer Methotrexat-Pause eine etwas mehr als doppelt so hohe Antikörperantwort auf die dritte Covid-19-Teilimpfung ausbildeten als die weiterhin mit dem Zytostatikum Behandelten. Auf der anderen Seite kam es allerdings bis drei Monate nach der MTX-Therapie-Unterbrechung bei etwas mehr als 70 Prozent der Probanden zu einem Wiederaufflammen der chronisch entzündlichen Erkrankung. Diese Schübe waren allerdings leicht und konnten gut in den Griff bekommen werden. Ein solches Vorgehen muss aber auf jeden Fall mit dem behandelnden Arzt beraten und diskutiert werden.