Melioidose ist eine in Europa weitgehend unbekannte Infektionskrankheit. Jedoch tötet sie rund die Hälfte jener Menschen, die daran erkranken. Grazer Experten erwarten eine Zunahme der vor allem in tropischen und subtropischen Regionen Südostasiens, Australiens und Afrikas auftretenden Krankheit, die durch ein Bakterium hervorgerufen wird. Sie entwickeln Tests zum Antikörpernachweis zur Diagnostik und zur Verbreitung in der Umwelt, teilte die Med-Uni Graz am Donnerstag mit.
Das Bakterium Burkholderia pseudomallei ist der Erreger der gefährlichen Infektionskrankheit. Der natürliche Lebensraum des Bakteriums sind Erdböden und Oberflächengewässer in tropischen und subtropischen Regionen, die sich mit dem Klimawandel ausbreiten dürften. Der vor allem an Schmutzwasser und Erde gebundene Erreger wird über Hautläsionen, wohl aber auch durch Inhalation oder über kontaminiertes Trinkwasser aufgenommen. "Man infiziert sich am Kontakt zur kontaminierten Umwelt, Mensch-zu-Mensch-Übertragung spielt keine Rolle", betonte Ivo Steinmetz, Vorstand des Diagnostik-& Forschungsinstituts für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin.
Schwierige Diagnose, erst unspezifische Symptome
Die Möglichkeiten der Prophylaxe sind bisher begrenzt - in Endemiegebieten sollte der Kontakt zu Erdboden oder Oberflächenwasser unterbleiben, was einfacher gesagt als getan ist: Modellrechnungen besagen, dass weltweit jährlich 165.000 Menschen an Melioidose erkranken, von denen gut jeder zweite daran verstirbt. Damit liege die Zahl der Todesfälle laut den Experten der Med-Uni Graz in der gleichen Größenordnung wie jene bei Masern. In der Diagnose kann die Infektion allerdings leicht übersehen werden.
Nach Angaben des US-amerikanischen Center for Disease Control (CDC) ist die Infektion gut behandelbar, wenn sie frühzeitig erkannt und richtig behandelt wird. Das klinische Bild reiche von Fieber und Husten, mitunter auch einer schweren Lungenentzündung, die sich im weiteren Verlauf entwickelt. Wenn sich die Bakterien über das Blut im gesamten Körper verbreiten, droht eine lebensgefährliche Blutvergiftung. Die Verfügbarkeit von mikrobiologischer Labordiagnostik sei daher essenziell, um die Infektionen zu erkennen, wie Steinmetz betonte. In vielen Teilen der Welt sei eine ausreichende Labordiagnostik allerdings aufgrund mangelnder Ressourcen nicht möglich.
Test ohne Laborausstattung
Das Grazer Team um Ivo Steinmetz entwickelt hochspezifische Multiplex-Point-of-Care-Tests, bei denen mit nur einem Test Antikörper gegen verschiedene Burkholderia-pseudomallei-Proteine nachgewiesen werden. "Der große Vorteil dieser Tests besteht darin, dass keine Laborausstattung benötigt wird und diese Tests daher auch in sehr abgelegenen Regionen der Welt eingesetzt werden können", so Steinmetz. Zurzeit seien erste Studien mit diesen Tests in Vietnam und Nigeria in Planung.
Außerdem versuchen die Grazer Experten mit molekularen Methoden die Verbreitung von Burkholderia pseudomallei in der Umwelt genauer zu erfassen. Mit dem sensitiven Nachweisverfahren konnten die Grazer Wissenschafter in Kooperation mit vietnamesischen Partnern bereits die Umweltquelle eines Melioidose-Ausbruchs in Nordvietnam identifizieren, wie Steinmetz schilderte.
Patientinnen und Patienten mit chronischen Nieren- und Lungenerkrankungen und Typ-2-Diabetes sind in den betroffenen Regionen übrigens besonders häufig von Melioidose betroffen. Diabetes führt zu einem etwa zwölffach erhöhten Risiko, an der Infektion zu erkranken. Da alle Prognosen einen besonderen Anstieg von Typ-2-Diabetes in Asien und Afrika vorhersagen, müsse man laut Med-Uni Graz in den kommenden Jahrzehnten von einer deutlichen Zunahme von Melioidose-Fällen ausgehen.