Krebspatientinnen und -patienten gelten, in Bezug auf Covid-19, als Hochrisikopersonen. Dementsprechend empfehlen ihnen Fachleute, unbedingt die Möglichkeit der Impfung und auch des dritten Stiches wahrzunehmen. Das gelte nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für Angehörige bzw. das Umfeld, sagte Ursula Wiedermann-Schmidt, Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums und Vakzinologin am Dienstag bei einer Veranstaltung am Dienstag anlässlich des Wiener Krebstages. 

Da aber unterschiedliche Behandlungsformen einer Krebserkrankung das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppression), kann es sein, dass die Wirkung der Impfung nicht mit jener von gesunden Menschen vergleichbar ist. "Die Wirksamkeit bei Krebspatienten ist nicht so optimal, wie bei der Normalbevölkerung", sagt Wiedermann-Schmidt. Dies müsse man mit den Patienten besprechen, damit diese auch weiterhin sich an die Hygienemaßnahmen, wie Mundnasenschutz, halten würden. 

Unterschiedliche Wirkung bei verschiedenen Krebsformen

Wie sich die Vakzine auf die verschiedenen Krebserkrankungen auswirkt, untersucht Wiedermann-Schmidt mit einem Team an Fachleuten in einer Studie, die noch nicht abgeschlossen ist. Erste Erkenntnisse zeigen, dass es in der Wirkung große Unterschiede gibt. "Tumorpatienten, etwa mit einem Lungenkarzinom, haben auf die Grundimmunisierung von zwei Dosen sehr gut angesprochen", erklärt die Impfexpertin. "Hingegen haben Patienten mit einem multiplen Myelom keinen Schutz aufgebaut". Nun gelte es herauszufinden, wo die Ursache für den unterschiedlichen Aufbau von Antikörpern liege. 

Zudem dürfe man nicht nur die Antikörper-Antwort bewerten, auch die zelluläre Immunantwort sei nicht außer Acht zu lassen. "Bei manchen Patienten konnten wir sehen, dass sich die zelluläre Immunantwort sehr wohl stimulieren lässt, auch wenn nicht ausreichend Antikörper gebildet wurden." 

Vorsorgeuntersuchungen nicht ausfallen lassen

Dass die Heilungschancen bei einer frühen Erkennung in den meisten Fällen höher sind, ist bekannt. Doch während der Pandemie sind nicht nur die Krebsdiagnosen zurückgegangen, auch die Vorsorgeuntersuchungen waren rückläufig. Aufgrund dessen sei in den kommenden Jahren mit einer höheren Krebssterblichkeit zu rechnen. "Wir haben Zahlen aus Österreich. Wir hatten im ersten Lockdown einen Rückgang bei den Früherkennungsuntersuchungen um 50 bis 60 Prozent, im zweiten Lockdown etwas weniger. Es gibt Berechnungen, dass wir in fünf Jahren um fünf bis elf Prozent mehr Krebs-Todesfälle haben werden, weil die Diagnosen später gestellt worden sind", warnte der Präsident der Österreichischen Krebshilfe, der Wiener Gynäkologe Paul Selvelda.

Andernfalls könnte Covid-19 wegen zu späten Krebsdiagnosen die enormen Fortschritte der Krebsmedizin in den vergangenen Jahren zumindest zum Teil zunichtemachen. Der Wiener Onkologe Christoph Zielinski nannte dazu ein Beispiel: "Mit der modernen Immuntherapie sind bestimmte Lungenkrebspatienten nach fünf Jahren noch zu 40 Prozent am Leben. Das ist ein unglaublicher Schritt vorwärts. Das Ergebnis ist, dass wir von Jahr zu Jahr um drei Prozent weniger Krebssterblichkeit haben. Von 2016 auf 2017 waren es um 2,6 Prozent weniger."