In öffentlichen Verkehrsmitteln, in Apotheken und im Gesundheitsbereich sowie bei Dienstleistungen, wie beim Friseur, wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann: Nur noch an diesen Orten und in diesen Situationen ist das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken (MNS) ab heute in Österreich vorgeschrieben. In Restaurants oder Hotels sowie beim Einkaufen hingegen ist die Pflicht zur Maske gefallen – was sagen Experten dazu?

„Es ist wichtig, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um Maßnahmen auch wieder zurückzufahren“, sagt Bernhard Haas, Infektionsspezialist der Kages. Für die MNS-Pflicht gelte diesbezüglich: „Wann wenn nicht jetzt“, sagt Haas, da jetzt die Coronavirus-Infektionszahlen so niedrig sind und SARS-CoV-2 kaum noch zirkuliert. Dazu komme auch, dass das Tragen der MNS die Österreicher wohl am stärksten polarisiert habe: Im Vergleich zur Händehygiene oder der regelmäßigen Desinfektion von Einkaufswagen waren MNS wohl die ungeliebteste Corona-bedingte Veränderung im Alltag.

Was sich auch daran zeige, wie viele Menschen mit der MNS umgehen: Getragen unter der Nase, unters Kinn geschoben oder zerknüllt und in die Hosentasche gestopft: Virologen und auch die WHO warnten bereits davor, dass diese unsachgemäße Handhabe die Mundschutzmasken zu Keimschleudern machen können.

Wirkung ist eindeutig belegt

Dass MNS gegen die Ausbreitung des Coronavirus wirken ist aber mittlerweile unbestritten und wurde in zahlreichen Studien belegt: Eine aktuelle Analyse aus Texas hat zum Beispiel berechnet, dass durch das Tragen von MNS innerhalb eines Monats mehr als 66.000 Infektionen in New York Cityverhindert werden konnten. Die Studienautoren kommen zum Schluss, dass das Tragen von Schutzmasken in der Öffentlichkeit die effektivste Methode sei, um eine Ausbreitung des Virus von Mensch zu Mensch zu verhindern.

Und eine große Überblicksarbeit konnte zeigen, wie effektiv das Tragen von MNS gegen die Ausbreitung des Virus wirkt: Wenn 80 Prozent der Bevölkerung MNS tragen, die zu 60 Prozent effektiv sind – eine Zahl, die mit Stoffmasken leicht erreicht werden kann – sinkt allein durch diese Maßnahme die Reproduktionszahl R0 auf unter 1 – ein Ziel, das es in der Pandemie zu erreichen gilt, um die Ausbreitung unter Kontrolle zu bringen.

Schlingerkurs der WHO

Doch diese Bedeutung von MNS als Pandemie-Maßnahme war nicht immer so eindeutig: Gesundheitsbehörden wie das deutsche Robert-Koch-Institut, das CDC in den USA und auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hatten lange das Maskentragen in der breiten Bevölkerung nicht unterstützt – erst spät in der Pandemie wurden diese Empfehlungen geändert. „Das war ein Ressourcenproblem, man musste zuerst sicherstellen, dass das Gesundheitspersonal ausreichend mit Schutzmasken versorgt ist, bevor man sie der gesamten Bevölkerung empfehlen konnte“, analysiert Haas.

Zunächst gab es weltweit viel zu wenig Schutzausrüstung – erst als die Produktionen hochgefahren wurden, die Versorgung gesichert war und in Studien gezeigt wurde, dass auch MNS aus Stoff die Virus-Ausbreitung verhindern können, waren die Voraussetzungen geschaffen, Schutzmasken allgemein zu empfehlen.

Und auch mit dem Ende der Maskenpflicht in vielen Bereichen sollte man trotzdem auf den Hausverstand setzen: „Jeder kann mit Eigenverantwortung entscheiden: In welchen Situationen trage ich weiterhin MNS, auch wenn es mir nicht vorgeschrieben ist“, sagt Haas.

Wichtig im Gesundheitsbereich

„Wie sich die Lockerungen auswirken, werden wir erst mit Verspätung sehen“, sagt Monika Redlberger-Fritz, Virologin an der Med Uni Wien. Am allerwichtigsten sei, die MNS-Pflicht im Gesundheitsbereich und in öffentlichen Verkehrsmitteln aufrechtzuerhalten – vor allem im Gesundheitsbereich sei das Risiko groß, dass sich genau jene Menschen mit dem Virus infizieren, deren Abwehrkräfte aufgrund anderer Erkrankungen ohnehin schon geschwächt sind.

„Im Moment haben wir eine sehr geringe Viruszirkulation. Doch wenn sich das ändert, wenn die Zahlen wieder steigen, müssen wir damit rechnen, dass die Maskenpflicht zurückkommt“, sagt Redlberger-Fritz. Abstand zu halten und auf Händehygiene zu achten sei jedenfalls nicht abgeschafft – und sollte weiterhin eingehalten werden.

Auch für den Infektionsspezialisten Robert Krause (Med Uni Graz) ist der Zeitpunkt richtig, um die Maskenpflicht zu lockern: „In der Zeit als es viele Infektionen gab, waren Schutzmasken ein effektives Instrument, um die Ausbreitung einzudämmen und andere Menschen zu schützen“, sagt Krause. Doch jetzt seien die Infektionszahlen so gering und damit auch die Wahrscheinlichkeit auf einen Infizierten zu treffen so klein, dass die allgemeine Maskenpflicht „nicht mehr zu rechtfertigen“ sei. Doch auch Krause gibt zu bedenken: „Steigen die Fälle wieder an, wenn wir uns zum Beispiel ab Herbst wieder vermehrt in Innenräumen aufhalten und treffen, könnte es zu einem Comeback der Maske kommen.“

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