Das Molekül, das in Bauernhoftieren vorkommt, wirke gegen Entzündungen des Lungengewebes, berichteten die Forscher um Remo Frei von der Universität Zürich. Mit Kollegen vom Center for Allergy Research and Education (CK-CARE) in Davos und vom Kinderspital St. Gallen ist sein Team dem Schlüsselfaktor auf die Schliche gekommen, warum der frühe Kontakt mit Tieren, den Bauernkinder haben, sie vor Asthma schützen.
Allergien und Asthma werden immer häufiger. Schuld sind laut der sogenannten Hygiene-Hypothese zu saubere Bedingungen, unter denen Kinder heutzutage aufwachsen. Bauernkinder, die auf einem Hof leben, haben hingegen Kontakt mit einer großen Vielzahl an Mikroben, was ihr Immunsystem schult: Es lernt, auf harmlose Stoffe nicht zu reagieren.
Aber nicht nur die Mikroben schützen vor Asthma, sondern auch der regelmäßige Kontakt mit den Tieren, das Streicheln von Kuh und Katze und auch der Verzehr tierischer Produkte direkt ab Hof. Frei und Kollegen berichteten nun im Fachblatt "Journal of Allergy and Clinical Immunology", dass das Molekül N-Glykolylneuraminsäure (Neu5Gc) aus den Tieren den Schutzeffekt vermittelt.
Dieses Molekül, das in Wirbeltieren verbreitet ist, aber dem menschlichen Körper fehlt, löst bei letzterem eine Antikörperreaktion aus, teilte die Uni Zürich am Donnerstag mit. Die Antikörper im Blut verraten daher das Maß an Kontakt mit Neu5Gc aus Bauernhoftieren.
Für ihre Studie verglichen die Wissenschafter die Antikörper-Konzentration und das Vorkommen von Asthma bei mehr als 1.000 Kindern. "Bauernkinder wiesen viel mehr Antikörper gegen Neu5Gc im Blut auf - und Kinder mit mehr Antikörper litten wesentlich seltener an Asthma", sagte Frei. Ob der Schutzeffekt wirklich auf Neu5Gc beruhte, testeten die Forschenden anschließend an Mäusen, die eine Form von Asthma hatten: Wenn sie den Tieren über die Nahrung Neu5Gc verabreichten, verbesserte sich ihre Lungenfunktion, und die Asthma-Symptome nahmen ab.
Ihre weiteren Analysen von Immunzellen im Blut der Kinder und bei den Versuchstieren ergab, dass das Molekül offenbar eine antientzündliche Reaktion des Immunsystems anstößt. Dabei stehen sogenannte regulatorische T-Zellen im Mittelpunkt: "Diese T-Zellen dämpfen Fehlreaktionen des Immunsystems und wirken stark antientzündlich", erklärte Frei.
Die Entdeckung könnte den Weg ebnen, künftig den Schutzeffekt des Bauernhofs auf alle Kinder zu übertragen, hofft der Immunologe. "Damit kann womöglich ein wichtiger Grundstein für eine wirksame Allergieprävention gelegt werden."