Der schmerz, der nicht aufhört: Können Schmerzen durch Medikamente oder andere Therapieverfahren einfach nicht unter Kontrolle gebracht werden, gibt es auch andere, sogenannte invasive Möglichkeiten, den Schmerz zu stillen.
Eine Möglichkeit ist die Rückenmarkstimulation: Den Patienten werden dünne Elektroden in den Rückenmarkskanal gelegt und mit einem unter die Haut implantierten Minigenerator verbunden. In Betrieb genommen, sendet das etwa scheckkartengroße Gerät dann elektrische Impulse an die sensiblen Nerven im Inneren der Wirbelsäule.
Bei Phantomschmerzen
„Bewährt hat sich die SCS unter anderem bei chronischen neuropathischen Rückenschmerzen, ausstrahlenden Schmerzen nach Bandscheibenoperationen, Unfällen mit Nervenschäden an Armen oder Beinen oder gegen die berüchtigten Phantomschmerzen nach Amputationen“, sagt Wilhelm Eisner, Neurochirurg an der Universitätsklinik Innsbruck und Vorstandsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) anlässlich der österreichischen Schmerzwochen. „Darüber können auch Patienten mit Durchblutungsstörungen, Angina Pectoris oder Diabetiker mit Polyneuropathien von der Behandlungsmethode profitieren.“
Eingesetzt wird die Methode in ihrer traditionellen Form bereits seit 30 Jahren. „Bei fast 60 Prozent der Patienten ist damit eine Schmerzlinderung erreichbar. Es wäre zu wünschen, dass möglichst viele Patienten, die davon profitieren können, an ein spezialisiertes Zentrum weiterverwiesen werden“, sagt Eisner.
Mittlerweile ist der Trend zur personalisierten Medizin auch bei der Rückenmarksstimulation angekommen: „Die neuen Ansätze erlauben es, Amplitude, Polung, Impulsweite und vor allen die Frequenz individuell an die spezifischen Bedürfnisse einzelner Patienten anzupassen“, erklärt Eisner.
Hochfrequente Stromimpulse
Das für die Stimulation typische leichte Kribbeln unter der Haut empfinden nur die Hälfte der Behandelten als angenehm. Während herkömmlicheSysteme mit Frequenzen von 40 bis 100 Hertz arbeiten, liegt sie bei der hochfrequenten Rückenmarkstimulation (HF SCS) bei 10.000. Damit liegen die Amplituden der Stromimpulse so nahe beieinander, dass sie außerhalb der menschlichen Wahrnehmung liegen. „Für einige Patienten“, sagt Eisner, „ist das Kribbeln wichtig, möglicherweise weil sie so daran erinnert werden, dass die Stimulation funktioniert. Für andere ist es störend. Wir klären die Vor- und Nachteile mit jedem Patienten ab“.