Es hat den Anschein, dass Aids in Österreich gut unter Kontrolle ist, die Zahl der Neudiagnosen bleibt konstant niedrig. Täuscht dieser Eindruck?

Bernhard Haas: Ja, dieser Eindruck täuscht. Natürlich ist durch die Therapie die Sterblichkeit an Aids stark zurückgegangen, das Thema ist aus den Köpfen und aus den Medien verschwunden. Dadurch passiert eine gefährliche Verharmlosung.

Kann es dadurch dazu kommen, dass die Ansteckungen wieder steigen?

Das hoffe ich natürlich nicht, aber wir sehen in ganz Europa, dass Sex immer öfter ungeschützt praktiziert wird und die Zahlen anderer sexuell übertragbarer Krankheiten, allen voran Syphilis, steigen. Bei Aids war Angst ein großer Faktor, der Menschen dazu gebracht hat, sich zu schützen. Diese Angst ist jetzt nicht mehr so präsent.

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Bernhard Haas, LKH Graz West
Bernhard Haas, LKH Graz West © kk

Das liegt auch daran, dass Aids eine chronische Krankheit geworden ist und Betroffene eine normale Lebenserwartung haben.

Das stimmt, aber mit zwei Einschränkungen: Man muss die Krankheit erkennen und darf nicht zu spät dran sein, damit das Immunsystem der Betroffenen noch gut funktioniert. Daher ist es auch so wichtig, dass der Zugang zu HIV-Tests einfach und niederschwellig ist.

Seit Mitte des Jahres ist die „Pille gegen HIV“ in Österreich zugelassen. Für wen ist die Vorsorge relevant?

In erster Linie für Menschen in der Hauptrisikogruppe: Das sind Männer, die Sex mit Männern und oft wechselnde Sexualpartner haben. Für sie kann die Pille ein zweites Sicherheitsnetz sein. Sie ersetzt aber ersetzt aber auf keinen Fall das Kondom, sondern schützt, wenn das Kondom reißt.