„Der verfrühte Schritt ins Leben ist eine dramatische Umstellung“, sagt Berndt Urlesberger, Leiter der Abteilung für Neonatologie am LKH-Uniklinikum Graz. Vom flüssigen und körperwarmen Innenraum der Gebärmutter hinein in eine von Luft dominierte, kalte Außenwelt. Daher werden die Zimmer von Frühchen abgedunkelt, es ist besonders warm und jedes überflüssige Geräusch wird vermieden.
Eine der größten Umstellungen: Plötzlich muss der kleine Mensch selbst atmen. "Reife Neugeborene sind darauf vorbereitet, mit der neuen Umwelt zurechtzukommen", sagt Urlesberger, "doch Frühgeborene brauchen Unterstützung."
Und diese muss sanft sein: Durch einen weniger als einen Millimeter dünnen Schlauch wird ein Mittel zum Reifen der Lungen unter gleichzeitiger Anwendung einer speziellen Beatmungsmethode verabreicht. "Das Kind wird nicht intubiert, bekommt kein Schlafmittel und kann spontan atmen. So wird das eigene Bemühen des Frühchens unterstützt", sagt Robert Birnbacher, Leiter der Neonatologie am LKH Villach.
Die Beatmung darf die winzigen Lungen nicht überfordern, und auch das Gehirn darf nicht "überversorgt" werden. Der Sauerstoff ist ein zentraler Aspekt: "Man kann zu viel und zu wenig des Guten machen", erklärt Urlesberger eine Gratwanderung. "Bekommen Kinder zu wenig Sauerstoff, können sie sterben", sagt Urlesberger. "Bekommen sie zu viel, wird das Gehirn geschädigt."
Eine zentrale Rolle spielt die Nähe zu den Eltern: Es begann mit dem "Känguruhen", dem Haut-zu-Haut-Kontakt zwischen Kind und Eltern von Anfang an. Heute gibt es auf neonatologischen Abteilungen keine Besuchszeiten, Eltern können auch bei Visiten dabei sein. "Denn Eltern und Kind sind eine Einheit", sagt Urlesberger.
Ein großes Problem aber ist: die psychologische Betreuung der Eltern zu gering. "Eltern von Frühgeborenen brauchen mindestens ebenso viel Unterstützung wie Eltern von krebskranken Kindern", sagt Urlesberger.