Mit dem Begriff Rheuma werden etwa 400 unterschiedliche Krankheiten zusammen gefasst: Rheuma kann die Gelenke und Knoche betreffen oder Weichteile wie Muskeln, es kann im Kindesalter auftreten oder erst im höheren Alter. Die unterschiedlichen Gesichter der Krankheit zeigen wir zum heutigen Welt-Rheumatag (11. Oktober).
Margit Walch, Mutter von Daniela und Birgit, kindliches Rheuma:
Eigentlich war Daniela ein fröhliches Kind, doch mit acht Monaten wurde sie plötzlich sehr weinerlich. Sie wollte nicht krabbeln und hatte kein Bedürfnis, sich zu bewegen. Mir ist zwar aufgefallen, dass ihre Knie und Finger geschwollen waren, doch ich hätte nie an Rheuma gedacht. Das erste Mal kamen wir ins Krankenhaus, nachdem Daniela, als ich sie im Bettchen zurechtrücken wollte, aufschrie und in Ohnmacht fiel - vor Schmerzen, wie ich heute weiß. Damals folgten viele Untersuchungen, aber es gab keine Diagnose. Ich wurde zur Physiotherapie geschickt, da die Muskeln in Danielas Beinen schon verkürzt waren. Dort hat Daniela nur gebrüllt, sodass ihre Beine unter Narkose zwangsgestreckt wurden. Gehen wollte sie danach aber trotzdem nicht.
Erst ein Kinderarzt machte uns darauf aufmerksam, dass Daniela aussieht wie Rheumakinder aus dem Lehrbuch, sie hatte die gleichen Fehlstellungen der Hände und Füße. Sie bekam zunächst Schmerzmittel und hörte plötzlich auf zu weinen. Dann kamen wir an eine Spezialklinik nach Garmisch-Partenkirchen, wo Daniela endlich gehen lernte, sie war damals schon zweieinhalb Jahre alt.
Von da an bekam sie die richtige Therapie, doch ihre Gelenke hatten schon sehr gelitten. Auch meine zweite Tochter Birgit hat kindliches Rheuma, bei ihr erkannte ich die Anzeichen sofort. Mit der richtigen Therapie kann man die Krankheit sehr gut in den Griff bekommen, meine Töchter können heute alles machen. Sie studieren, haben ein eigenes Pferd und machen Schwertkampf.
Ein normales Leben ist möglich, wenn die Krankheit erkannt und richtig therapiert wird. Leider gibt es auch heute noch Fälle, die lange nicht die richtige Diagnose bekommen - oft sind es Jugendliche, bei denen Rheuma in der Pubertät auftritt und nicht erkannt wird. Hier braucht es noch mehr Bewusstsein dafür, dass Rheuma nicht nur eine Krankheit des Alters ist.
Editha Reiterer, Polymyalgia rheumatica („Muskelrheuma“):
Vor vier Jahren hatte ich plötzlich sehr starke Schmerzen in den Oberschenkeln und im Oberarm, ich konnte den Arm gar nicht mehr heben und bin allein nicht mehr aus dem Bett gekommen. Schmerzmittel und Massagen haben nicht geholfen, durch eine Bekannte kam ich zur Rheuma-Ambulanz und bekam meine Diagnose. Danach habe ich fast drei Jahre lang Kortison eingenommen, was mir zwar geholfen hat, aber die Beschwerden verschwanden nicht völlig.
Nun bekomme ich ein neues Medikament, das mein Immunsystem dämpft. Daher muss ich aufpassen, dass ich keine Infekte oder Grippe bekomme. Damit geht es mir zwar gut, aber ich bin nicht völlig geheilt - und so wird es auch bleiben, es ist eine chronische Krankheit. Manchmal habe ich noch Schmerzen in den Beinen, Stiegen hinunter gehen schmerzt auch. Doch einmal in der Woche gehe ich zum Turnen, das tut mir gut.
Gertraud Schaffer, rheumatoide Polyarthritis:
Die Krankheit brach vor 25 Jahren bei mir aus, zuerst dachte ich, es wäre eine Grippe, doch dann kamen die Schwellungen in den Gelenken dazu. Die ersten neun Jahre der Erkrankung waren katastrophal. Ich hatte sehr starke Schwellungen und Schmerzen und litt lange an Morgensteifigkeit. Damals hoffte ich noch, die Krankheit würde wieder weggehen, doch als mir ein Arzt klargemacht hat, dass es eine chronische Krankheit ist, habe ich angefangen, an mir selbst zu arbeiten.
Trotzdem war mein Zustand damals sehr schlecht, ich konnte mich kaum noch selbst anziehen oder waschen, mein achtjähriger Sohn musste mir helfen. Dann fragte mich ein Arzt, ob ich an einer Studie teilnehmen will. Dieses Medikament, ein Biologikum, hat nach drei Monaten angefangen zu wirken und ich habe wieder an Lebensqualität gewonnen. Meine Gelenke sind zwar kaputt, ich kann nichts Schweres heben und auch nicht lange gehen. Auch bin ich sehr anfällig für Erkältungen, da das Immunsystem nicht gut funktioniert. Doch ich habe gelernt, mit den Schmerzen umzugehen, ich habe mich daran gewöhnt.
Walter Strobl, juvenile Polyarthritis:
Begonnen hat meine Erkrankung im ersten Lebensjahr, nach einer Leistenbruch-Operation. Ich hatte starke Fieberschübe und Gelenkschwellungen. In meiner Kindheit verbrachte ich viel Zeit im Spital, es war ein ständiges Auf und Ab: einen Monat im Spital, ein halbes Jahr zu Hause, zwei Monate im Spital, dann wieder ein Jahr zu Hause.
Mit 33 Jahren habe ich die erste Hüftprothese bekommen, drei Jahre später die zweite. Auch in beiden Knien habe ich Gelenkprothesen - ich bin fast ein Terminator. Mit den Prothesen geht es mir sehr gut, aber das Rheuma schränkt meine Lebensqualität schon ein. Ich bin in Berufsunfähigkeitspension. Mein Tag beginnt mit der Morgensteifigkeit in den Gelenken in den Händen und Füßen, ich brauche etwa eine Stunde, bis ich aufstehen kann. Im Sommer geht es mir besser, aber die nass-kalte Zeit tut mir nicht gut. Für mich ist Bewegung sehr wichtig, ich gehe wandern und schwimmen. Ich denke mir: Es gibt viel schlimmere Erkrankungen und durch meine Selbsthilfegruppe kann ich mich austauschen und anderen weiterhelfen.
Sonja Saurugger