„Es war nur so ein kleiner Stich“, sagt Heribert Haidenhofer. Seine Frau Irmtraud hat in ihrem Garten in der Obersteiermark gearbeitet, als sie ein Insekt in die Hand gestochen hat. Herr Haidenhofer vermutet, dass es eine Tigermücke war. Stunden später waren Hand und Arm seiner Frau stark angeschwollen, in der Nacht ist hohes Fieber hinzugekommen, über dem Handgelenk zeigte sich eine dunkle Verfärbung. Über eine Zwischenstation am LKH Bruck wurde Frau Haidenhofer ans Universitätsklinikum Graz an die Abteilung für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie verlegt. Binnen etwa zwölf Tagen musste die Obersteirerin mehrmals operiert werden. Denn die Diagnose lautete: Phlegmone.
„Dazu kann es kommen, wenn Bakterien die Hautbarriere durchbrechen, das passiert üblicherweise über eine Wunde. Diese muss gar nicht groß sein, das kann ein kleiner Kratzer sein oder auch ein Insektenstich. In weiterer Folge breiten sich diese Bakterien in tiefere Gewebsschichten aus“, erklärt Christian Smolle. Er hat mit Kolleginnen und Kollegen Frau Haidenhofer behandelt. Die Infektion verursacht sodann schmerzhafte Schwellungen, dunkle Hautverfärbungen können ebenfalls vorkommen wie auch hohes Fieber.
Im Normalfall macht ein kleiner Kratzer nichts, er verheilt, ohne große Probleme zu verursachen. Was muss also passieren, damit sich eine Phlegmone entwickelt? „Es ist eine Kombination aus dem richtigen Erreger – im Normalfall sind das Streptokokken – und den passenden Gegebenheiten. Zur Entwicklung einer Phlegmone müssen die Keime erst in tiefere Gewebsschichten vordringen.“ Eine typische Ursache ist ein verschmutzter Dorn bei der Gartenarbeit oder auch ein rostiger Nagel. Auch Verletzungen mit Küchenmessern können eine Phlegmone zur Folge haben.
Das Risiko eine solche zu entwickeln, ist bei älteren, vorerkrankten Menschen oder Personen, deren Immunsystem geschwächt ist, erhöht. Auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus gelten als Risikofaktor, ebenso Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte.
„Eine Phlegmone kann sehr gefährlich werden“, sagt Smolle. „Ohne Operation, nur mit Antibiotika, ist eine solche Bindegewebeinfektion schwer in den Griff zu bekommen. Mit einer raschen Behandlung, bei der sämtliches infiziertes Gewebe entfernt wird, kann die Funktion der Hand aber meistens erhalten werden.“ In seltenen Fällen kann eine solche Infektion auch lebensbedrohliche Folgen haben. Aus diesem Grund ist es wichtig, bei ersten Anzeichen für einen schweren Verlauf rasch zu reagieren. „Wenn die Stelle der Verletzung röter wird, anschwillt und pochend schmerzt, man den Finger oder die Hand aufgrund der Schmerzen kaum mehr bewegen kann, dann ist es allerhöchste Zeit, ärztlichen Rat einzuholen“, erklärt Smolle. Um einem schweren Verlauf vorzubeugen, kann man einige einfache Dinge im Falle kleiner Verletzungen beachten. Ist noch ein Fremdkörper – ein Stachel oder ein Dorn – vorhanden, diesen entfernen und die Wunde gut ausdrücken. „Um die Wunde nicht zu verunreinigen, bitte nicht mit dem Mund aussaugen“, rät Smolle. Schließlich sollte man die Wunde desinfizieren und vor weiterer Verunreinigung schützen.