Fünf Wochen liegt die Hüft-Operation von Elzbieta Zolnierczyk zurück, als wir sie in der orthopädischen Ambulanz am LKH-Universitätsklinikum Graz treffen. Die beiden Krücken legt sie gleich zur Seite und zeigt ihrem Chirurgen und behandelnden Orthopäden Paul Ruckenstuhl, wie gut das Gehen bereits ohne Hilfsmittel funktioniert. Ruckenstuhl zeigt sich sehr zufrieden mit dem Heilungsverlauf, an dem eine Sache besonders ist: Bei der 64-Jährigen wurden gleich beide Hüftgelenke im Rahmen einer einzigen Operation durch künstliche Gelenke ersetzt.

„Wir können Patientinnen und Patienten diese Operation anbieten, weil der Gelenksersatz in der Hüfte insgesamt schonender geworden ist“, erklärt Ruckenstuhl. Erstens, sei der Operationsweg gewebeschonender, da Muskeln nicht mehr durchtrennt werden, sondern durch natürliche Muskellücken gearbeitet wird. Zweitens, auch die modernen Prothesen können schonender in den Knochen implantiert werden und sind auch sehr lange haltbar. „Wir denken, dass die modernen Prothesen 30 Jahre und länger halten“, sagt Ruckenstuhl, der die Sektion für Hüftchirurgie an der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie leitet.

Starke Schmerzen und verkürzte Gehstrecke

Wann ein Ersatz des Hüftgelenks überhaupt notwendig ist, erklärt Ruckenstuhl so: „Der Gelenksersatz in der Hüfte ist notwendig, wenn die Abnützung im Gelenk endgradig ist.“ Das erkennt der Orthopäde in der Regel am Röntgen – der Patient wiederum spürt es an starken Schmerzen, die vor allem beim Beugen und Rotationsbewegungen auftreten sowie einer eingeschränkten Gehstrecke. Für Elzbieta Zolnierczyk war vor allem eine Einschränkung ausschlaggebend: „Ich konnte nicht mehr auf dem Motorrad sitzen, das tat zu weh.“ Für die begeisterte Motorradfahrerin ein großer Verlust an Lebensqualität.

„Durch den Gelenksersatz können wir den Patienten die Schmerzen gänzlich nehmen“, sagt Ruckenstuhl. Das beste Ergebnis eines solchen Eingriffs: Wenn der Patient vergisst, dass er überhaupt ein künstliches Hüftgelenk hat. Einschränkungen gibt es dann keine mehr, laut Ruckenstuhl können so gut wie alle Sportarten auch mit künstlicher Hüfte ausgeübt werden. Einzige Einschränkung: „Wir empfehlen nur, dass man keine neuen Sportarten, die man in seinem Leben noch nie gemacht hat, anfängt.“ Hier fehle das erlernte Zusammenspiel zwischen Muskel und Nerven.

Den Bedarf für „doppelte Hüftoperationen“ gibt es, denn die Abnützungserscheinungen betreffen oft nicht nur ein, sondern eben beide Gelenke. Ruckenstuhl schränkt allerdings ein: „Der Eingriff eignet sich sicher nicht für jeden Patienten.“ Eine gewisse „Fitness“ müssen die Betroffenen mitbringen, auch die Narkosetauglichkeit muss stimmen. Wenn Patienten geeignet sind, ersparen sie sich allerdings eine Operation. Zolnierczyks Partner Uwe Michael hat auch bereits zwei künstliche Hüftgelenke und sagt: „Wenn ich gewusst hätte, dass man beide Seiten in einer Operation machen kann, hätte ich das auch gemacht.“

Patientin Elzbieta Zolnierczyk und Partner Uwe Michael
Patientin Elzbieta Zolnierczyk und Partner Uwe Michael © Klz / Stefan Pajman

Der Eingriff selbst dauerte bei Zolnierczyk weniger als zwei Stunden, bis die künstlichen Gelenke eingeheilt sind, dauert es laut Ruckenstuhl etwa sechs Wochen. Für Patientin Zolnierczyk war das Schlafen in den ersten Tagen nach der Operation die größte Belastung, sie konnte nur am Rücken liegen. Gelegentliche Schmerzmittel brauchte sie bis zu unserem Treffen auch noch – „ganz normal“, sagt Orthopäde Ruckenstuhl. Für Zolnierczyk beginnt nun die ambulante Rehabilitation – Motivation dafür bringt sie genug mit, denn auf sie wartet nicht nur die Motorradausfahrt: „Bald kommt mein Enkel zu Besuch, für ihn will ich natürlich fit sein.“