Eine aktuelle Studie erteilt dem „Beruhigungsbier“ vor dem Flug oder dem Drink in der Luft eine deutliche Absage: Wer auch nur unter moderatem Alkoholeinfluss eine Flugreise antritt, kann sein Herz schädigen. Das zeigt eine aktuelle Studie vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln. Vor allem kommt es zu einer vermehrten Abnahme der Sauerstoffsättigung im Blut, was schädliche Herz-Kreislauf-Folgewirkungen hervorrufen kann. Die Forschungsergebnisse dürften für viele Millionen Flugreisende relevant sein.

Eva-Maria Elmenhorst und ihre Co-Autoren vom Deutschen Zentrum haben ihre wissenschaftliche Untersuchung mit Probanden in „Thorax“ (British Medical Journals) veröffentlicht. „Passagiere auf Langstreckenflügen trinken oft Alkohol. Schlafen während des Fluges erhöht den Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut durch den geringeren Luftdruck in der Kabine“, schrieben die Experten über den Ausgangspunkt ihrer experimentellen Studie.

Wodka für die Wissenschaft

Die Fachleute untersuchten dabei insgesamt 40 gesunde Probanden im Alter unter 40 Jahren. 23 von ihnen schliefen zwei Nächte in einem normalen Schlaflabor, 17 Testpersonen verbrachten zwei Nächte lang in einer Unterdruckkammer. Dort herrschte der in Flugzeugkabinen generell eingestellte Luftdruck, der rund 2.400 Meter Seehöhe entspricht. Während einer Nacht schliefen die Probanden nüchtern. In der zweiten Nacht bekamen sie vorher Wodka und wiesen schließlich im Durchschnitt 0,4 Promille Alkohol im Blut auf.

An sich beeinflusste schon der Schlaf im nüchternen Zustand die Sauerstoffsättigung im Blut (SpO2-Wert), welche zumindest mehr als 90 Prozent betragen sollte. „Es wurde dann während des Schlafs eine Somnographie (Messung der Schlafparameter) durchgeführt, außerdem wurden SpO2 und relevante Kreislaufparameter gemessen. Dabei zeigte sich, dass unter hypobaren Bedingungen, also bei Unterdruck ohne Alkohol der leichte Schlaf auf Kosten der tiefen Schlafphase zunahm und Wachphasen häufiger waren. Dies ging einher mit einer Herzfrequenz von im Mittel 73 Schlägen und einer SpO2 von im Mittel 88 Prozent, gegenüber 74 Schlägen und knapp 96 Prozent bei Schlaf im Schlaflabor ohne Alkohol und bei normalem Druck“, schrieb dazu die deutsche Ärztezeitung.

Höheres Risiko in Business-Class

Auch bereits der moderate Alkoholkonsum, durchaus entsprechend dem „Urlaubsanfang-Drink“ am Airport „zur Feier des Tages“ oder zur Entspannung wegen mehr oder weniger vorhandener Flugangst, zeitigte in dem Experiment deutlich stärkere negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System der gesunden Probanden. „Entscheidend war nun, dass der Alkoholkonsum diese ohnehin kardiovaskulär ungünstige Situation in der Unterdruckkammer noch einmal verschlechterte: Mit Alkoholkonsum betrug die mittlere SpO2 während der Schlafperiode 85 Prozent, und die Herzfrequenz lag bei fast 88 Schlägen pro Minute.“

Bei einer Schlafphase von vier Stunden, wie das in der Versuchsanordnung in Imitation von durchschnittlichen Langstreckenflügen erfolgte, befanden sich die Testpersonen nach Alkoholkonsum rund 200 Minuten in einem Zustand unterhalb einer Blut-Sauerstoffsättigung von 90 Prozent. In der Unterdruckkammer im nüchternen Zustand war das etwa 170 Minuten der Fall. „Die Kombination von Alkohol und des durch den Unterdruck während des “Fluges' herrschenden Sauerstoffmangels verringerte die Qualität des Schlafes, belastete das Herz-Kreislauf-System und führte zu einer Verlängerung der reduzierten Sauerstoffsättigung (SpO2 kleiner 90 Prozent)„, schrieben die Fachleute. Dass diese schädlichen Effekte auch bei Gesunden im relativ jungen Alter registriert wurden, spreche eventuell für ein noch größeres Risiko für ältere Personen und Menschen mit schon bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Womöglich ist in der Business-Class die Gefahr noch größer als in der Economy-Class, hieß es jetzt auch in der deutschen Ärztezeitung. Einerseits werde in der Business-Class zumeist mehr Alkohol ausgeschenkt, andererseits auch mehr geschlafen. In dem Experiment hatten die Probanden in der Unterdruckkammer die „Nacht“ übrigens in schräg gestellten Sitzen – wie bei mehr Komfort in der Luftfahrt – verbracht.