„Als am 10. Jänner 2020 die Sequenz veröffentlicht wurde, sah das für mich wie Sars-CoV-1 aus – da war ich hochalarmiert“, erzählte Impfstoffexperte Florian Krammer im Interview mit dieser Zeitung Anfang 2022 über die ersten Eindrücke von diesem neuartigen Coronavirus, das Ende 2019, Anfang 2020 in den Fokus der Aufmerksamkeit von Forschenden rückte. „Nach einer gewissen Anzahl an Fällen war klar, dass das nicht mehr aufhaltbar sein würde.“

Aufzuhalten war Sars-CoV-2 wirklich nicht. Es gab große Unbekannte, doch die wissenschaftliche Community machte sich trotz Lockdowns und Co. weltweit daran, Antworten auf endlos viele Fragen zu finden. Welche gesundheitlichen Folgen hat eine Infektion? Wie schwer ist der Verlauf? Wie ansteckend ist das Virus? Und vor allem: Welche Therapie wirkt?

Mittlerweile gibt es viele Antworten, viel gesichertes Wissen. Und es gibt eine Impfung gegen Sars-CoV-2. Nie zuvor wurde eine solche so rasch entwickelt. Möglich machte dies Forschung an der mRNA-Technologie, die Katalin Karikó und Drew Weissman schon seit den 1990er-Jahren vorangetrieben hatten. Sie legten die Basis für eine neue Impfstofftechnologie, welche der Pandemie den ersten Schrecken nahm und bekamen dafür 2023 den Medizin-Nobelpreis verliehen.

Doch mit dem Aufkommen neuer Varianten wuchs die Kritik und das Misstrauen gegenüber der Impfung, befeuert durch Verschwörungserzählungen in sozialen Medien, die teils auch politisch motiviert waren. Das Ergebnis ist eine weit verbreitete Impfskepsis, die sich nicht allein auf die Covid-Impfung beschränkt – wie man etwa an den gestiegenen Keuchhusten- und Masernfällen sehen kann. Es ist ein Problem, wenn Menschen der Wissenschaft den Rücken kehren, für die Gesundheit jedes einzelnen und für die gesamtgesellschaftliche. „Wir müssen die Impfskepsis bekämpfen“, sagte Weissman als frisch gebackener Nobelpreisträger. „Denn so wichtig eine effektive Impfung auch ist, wenn ich sie mir nicht geben lasse, wirkt sie auch nicht.“

Noch länger beschäftigen werden uns die psychischen Folgen der Pandemie – vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Die Versorgung Betroffener war schon vor der Pandemie zu gering. Dass dieses Thema nun immer öfter auch in den politischen Fokus rückt, ist überfällig und notwendig. Bleiben wird auch Long Covid als Folge einer Infektion mit Sars-CoV-2. Auch hier brauchen Erkrankte dringend Unterstützung.

Die Conclusio der letzten Jahre: Wir müssen aus Fehlern lernen. In Bezug auf Kommunikation, wie Wissenschaft und medizinische Forschung funktionieren. Und in Bezug auf Vorbereitung. Denn auf die Covid-Pandemie waren wir kaum vorbereitet. Und aktuell wären wir es wohl auch noch nicht auf die nächste.