Sie ist ein dunkelviolettes Kraftpaket: Die Aroniabeere gilt als regionales Superfood, das durch einen besonders hohen Gehalt an gesundheitsförderlichen Stoffen auffällt. Für diesen Ruf verantwortlich sind vor allem die enthaltenen Polyphenole und im Speziellen die sogenannten Anthocyane, die der Aroniabeere ihre intensive dunkle Farbe verleihen. Polyphenole sind Pflanzenfarbstoffe, die besondere Wirkungen im Körper entfalten: „Sie wirken antientzündlich, unterstützen Immunzellen in der Abwehr von Krankheitserregern und können auch das Krebsrisiko senken“, sagt Sandra Holasek, vom Otto Loewi Forschungszentrum der MedUni Graz.

Aber: Der Genuss der Aroniabeere – meist passiert das in Saftform – kann bei manchen zu Magen-Darm-Beschwerden führen. In einer aktuellen Studie hat sich das Team um Holasek daher angesehen, wie häufig diese unerwünschte Wirkung tatsächlich ist und ob es Möglichkeiten gibt, dieser vorzubeugen. Es zeigte sich: Von den 40 Frauen, die an der Studie teilnahmen, berichteten die Hälfte von einer Unverträglichkeit, die sich durch Magen-Darm-Beschwerden zeigte. Allerdings erklärt Holasek dazu: „Wir haben mit 200 ml Saft pro Tag absichtlich eine sehr hohe Dosis eingesetzt.“ Die Studie zeigte, dass sich die Verträglichkeit verbessert, wenn der Aroniasaft zunächst nur in kleinen Mengen getrunken wird – stamperlweise eben, so wie es viele Produzenten bereits auf ihren Saftflaschen empfehlen. „Im weiteren Verlauf kann man die Menge langsam steigern und den Saft auch nicht auf nüchternen Magen trinken“, empfiehlt Holasek.

Wer braucht überhaupt Superfoods?

Die Ursache, warum manche die Superfrucht vertragen und andere nicht, liegt wohl im Darmmikrobiom: „Jede und jeder von uns bringt eine andere Zusammensetzung der Mikroben im Darm mit, begründet durch die eigene Ernährungsgeschichte“, sagt Holasek. Die Verdauung der Inhaltsstoffe und vor allem der Farbstoffe der Aroniabeere sei hochkomplexe und setze spezifische Darmbakterien voraus. Diese können sich durch den Konsum des Aroniasaftes auch im Darm vermehren und so die Verträglichkeit verbessern – aber das brauche eben Zeit. „Diese Studienergebnisse belegen einmal mehr, dass es personalisierte Ernährungsempfehlungen braucht“, sagt Holasek. Nicht jeder vertrage alles und nicht jede könne alles gleich gut verwerten und verdauen. Generell hält Holasek aber fest, dass die Aroniabeere ein polyphenolreiches, regionales Superfood ist, das die Gesundheit fördert – das wurde in der aktuellen Studie auch mit Zellversuchen untermauert.

Generell allerdings ist das Label Superfood ein problematisches – ist es doch ein reiner Marketingbegriff, für den es keine offizielle Definition gibt. „Dem liegt die Tendenz zugrunde: Exotisch zieht immer“, weiß Holasek. Ausgesucht werden Früchte, die besonders reich an einzelnen Nährstoffen sind – die gesundheitliche Wirkung für den Menschen ist aber kaum wissenschaftlich untersucht. Prinzipiell ist Holasek wichtig festzuhalten: „Regionale Lebensmittel sind automatisch Superfoods, weil sie reifen dürfen!“ Im Gegensatz zu exotischen Früchten, die unreif geerntet werden, um sie transportieren und lagern zu können, dürfen regionales Obst und Gemüse im Reifungsprozess ihre Nährstoffe vollwertig ausbilden.

Auch sei es viel wichtiger, die Vielfalt des Obst- und Gemüseangebots zu nutzen, anstatt sich von einzelnen „Superbeeren“ fantastische Wirkungen zu erwarten. „Nur ein Drittel der Bevölkerung in Österreich isst die empfohlenen fünf Portionen Gemüse und Obst pro Tag“, unterstreicht Holasek – hier gebe es den größten Aufholbedarf. Superfoods wie die Aroniabeere können dabei das gesunde I-Tüpfelchen sein – aber dann bitte regional! Denn mit Aroniabeere, Kürbiskernen, Hirse, Käferbohne, Sanddorn, Walnuss, Kren oder Leinsamen wachsen die besten Superfoods vor der Haustüre!