Frauen müssen deutlich weniger Sport treiben, um daraus den gleichen gesundheitlichen Nutzen zu erzielen wie Männer. Zu diesem Ergebnis kommt eine US-chinesische Studie mit mehr als 400.000 Personen über den Zeitraum von 1997 bis 2019. Eine maximale Senkung des Sterberisikos erreichten Männer dann, wenn sie rund 300 Minuten pro Woche sportliche Übungen machten. Frauen brauchten dafür nur 140 Minuten.

„Frauen bleiben hinter Männern zurück, wenn es darum geht, sich sinnvoll zu bewegen“, sagt Martha Gulati vom Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles. Sie und ihre Kollegen wollten wissen, welche Auswirkungen Sport auf die Gesundheit hat und griffen dafür auf eine landesweite Datenbank zurück: Die daraus ausgewählten 412.413 Erwachsenen, davon 55 Prozent Frauen, hatten im Rahmen der Erhebung per Fragebogen Auskunft über Art und Umfang ihrer sportlichen Aktivität pro Woche gegeben. Im mehr als 20-jährigen Untersuchungszeitraum starben knapp 40.000 Teilnehmende, darunter 11.670 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Frauen holen aus weniger Training mehr heraus

Die Forschenden ermittelten nun, in welchem Maße das Sterberisiko durch den Sport sank. Regelmäßige sportliche Betätigung in der Freizeit senkte diese Gefahr bei Männern demnach durchschnittlich um 15 Prozent, bei Frauen um 24 Prozent – jeweils im Vergleich zu Menschen, die keinen Sport trieben.

Im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen betrug die Reduzierung durch Sport bei Männern 14 Prozent, bei Frauen sogar 36 Prozent. Ähnlich groß war der Unterschied bei Sportübungen, die die Muskeln stärken: Regelmäßiges Krafttraining verringerte das Sterberisiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Männern um elf Prozent, bei Frauen um 30 Prozent.

Wenn Männer 110 Minuten pro Woche sehr intensiv trainierten, sank ihr Sterberisiko um 19 Prozent. Diesen Wert erreichten Frauen bereits nach 57 Minuten intensivem Training. „Das Schöne an dieser Studie ist, dass Frauen mehr aus jeder Minute mäßiger bis intensiver Aktivität herausholen können als Männer“, betont Gulati. Sie und ihr Team hoffen, dass die Studienergebnisse mehr Frauen dazu bringen, sich körperlich zu betätigen, da der zeitliche Aufwand für einen positiven Gesundheitseffekt nicht sonderlich groß sei.

Experten fordern Gender-Unterschied

Für Kuno Hottenrott von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist das Resultat keine Überraschung. „Ich plädiere seit Langem dafür, die Sportempfehlungen in Gesundheitsleitlinien stärker nach Geschlecht und Alter zu differenzieren“, betont der Sportwissenschafter. Er hatte bereits 2008 eine Formel zur Berechnung der idealen Pulsfrequenz bei Ausdauersport entwickelt, die Unterschiede zwischen Frauen und Männern berücksichtigte. Denn Frauen hätten im Durchschnitt eine deutlich geringere Muskelmasse, eine niedrigere Stoffwechselrate, geringere Körpermaße und ein geringeres Blutvolumen als Männer, erklärt Hottenrott.