Die Zahl der Krebsfälle wird in den kommenden Jahren stark zunehmen. Aktuell erkranken jedes Jahr etwa 45.000 Menschen in Österreich an Krebs, rund 400.000 leben mit einer Krebsdiagnose. Schon bis 2030 rechnet Statistik Austria mit einem Anstieg der Neuerkrankungen auf bis zu 50.000 jährlich, mit der Diagnose leben dürften dann knapp 460.000 Personen. Für das Gesundheitssystem sei dies eine enorme Herausforderung, hieß es bei der Vorstellung des „Krebsreports 2023“ in Wien.
Bevölkerungswachstum insgesamt, mehr Krebsneuerkrankungen durch einen viel höheren Anteil Älterer sowie längere Überlebenszeiten mit Krebs listet der von der Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO) und der Österreichische Krebshilfe herausgegebene Report als Probleme für eine weiterhin optimale onkologische Versorgung in allen Phasen der Erkrankung auf: Die Bevölkerung werde bis 2040 um rund acht Prozent wachsen. Der Anteil Älterer (65+), die ein höheres Krebsrisiko aufweisen, wird überproportional steigen - um etwa 50 Prozent. „Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge“, sagte OeGHO-Präsident Ewald Wöll am Donnerstag. Der Druck sei, nicht zuletzt durch den Personalmangel, schon heute groß.
Welche Maßnahmen es braucht
Gehandelt werden müsse jetzt, wurde betont. Einen „einfachen Schlüssel“ gebe es nicht, aber mehrere wichtige Maßnahmen. Die Fachleute erneuerten die Forderung nach „Cancer Nurses“ - spezialisierten Pflegekräften für Krebspatientinnen und -patienten - als eigenes Berufsbild. Anders als in den USA und anderen europäischen Ländern sei diese Rolle in Österreich erst in Ansätzen eingeführt. Auch mehr „digitale Onkologie“ könnte Lebensqualität und -zeit verlängern, etwa durch digitale Sprechstunden oder Teleonkologie.
Armin Gerger, wissenschaftlicher Leiter des „Krebsreports“, unterstrich die Bedeutung der klinischen Forschung in Österreich für die Versorgung von Krebskranken mit innovativen Medikamenten. Die Politik müsse mit der Dotierung der Krebsforschung sicherstellen, „dass das so bleibt“, unterstrich Wöll.
Auch der Bedarf an Hospiz- und Palliativversorgung werde erheblich steigen, hieß es weiter. Von den 2022 mit dem umstrittenen Sterbeverfügungsgesetz angekündigten 108 Millionen Euro für den Ausbau der „Palliative Care“ sei noch kein Geld geflossen. „Die Zeit drängt“, betonte Doris Kiefhaber von der Krebshilfe. Derzeit lasse das Gesundheitsministerium Qualitätskriterien und eine Datenbank erarbeiten, erläuterte Gerger.
Es braucht mehr Beratung
Die Krebshilfe ist zudem mit einem permanenten Anstieg an Beratungs- und Hilfsbedarf konfrontiert, noch mehr sei weder personell noch finanziell stemmbar, forderte Kiefhaber eine Aufnahme der „Psychoonkologie“ in die Regelfinanzierung: Die Finanzierung dürfe nicht länger der dafür auf Spenden angewiesenen Krebshilfe überlassen werden. Eine weitere Forderung ist ein gesetzlicher Schutz vor Kündigung im Krankenstand - damit seien Krebspatienten vermehrt konfrontiert. Betroffene sollten künftig, wie in der Schweiz, automatisch ab Diagnose den begünstigten Behindertenstatus erhalten, derzeit muss man diesen beim Sozialministerium beantragen.