Geduldige Menschen gehören in unserer Alles-Sofort-Gesellschaft zu einer aussterbenden Spezies. Trotzdem fordert das Leben immer wieder Geduld von uns ein. Wie könnte man Kindern diese Tugend, über die Eltern oft selbst nicht verfügen, vermitteln?
„Durch gutes Vorbild. Zwischen dem Verhalten der Eltern und jenem der Kinder zeigen Studien einen direkten Zusammenhang. Das heißt: Geduldigere Eltern haben meistens auch geduldigere Kinder.“ So einfach klingt das aus dem Mund von Matthias Sutter, einem der führenden Verhaltensökonomen im deutschsprachigen Raum und Autor des Buches „Die Entdeckung der Geduld – Ausdauer schlägt Talent“.

Ein hoher Wert

Wieso er sich als Wirtschaftsforscher mit dem Thema Geduld beschäftigt? „Geduld spielt einerseits eine große Rolle in wirtschaftlichen Zusammenhängen, man denke nur an Investitionen.“ Sie stünden wie nichts anderes für zukunftsorientiertes Handeln. Andererseits ist, so Sutter, „Geduld auch ein wichtiger individueller Wert. Statistiken belegen, dass Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend ausdauernder waren, viele Vorteile haben: Sie sind im Allgemeinen höher gebildet, weniger oft Raucher, seltener alleinerziehend, haben mehr Ersparnisse und werden weniger oft straffällig.“

Verhaltensökonom Matthias Sutter
Verhaltensökonom Matthias Sutter © (c) ORF (Günther Pichlkostner)


Das sitzt: Geduld in frühen Jahren hat also das Potenzial, die spätere Lebensqualität positiv zu prägen. Insofern stellt sich die Frage, ob Kindern Geduld beigebracht werden kann, abseits des guten Elternvorbilds. „Ich denke ja. Und mir fällt zur Veranschaulichung eine Szenariotechnik für den schulischen Kontext ein“, erzählt Sutter. Kinder zwischen acht und zehn Jahren sollten sich folgende Situation vorstellen: Wer sein Taschengeld auf ein Rad spart, hat in ein paar Monaten eine komfortablere Art, in die Schule zu kommen. Allerdings wären bis dahin kein Kino, kein Eisessen etc. möglich. „Die Aufgabe war, sich die Situation nach dem Zeitraum des Sparens auszumalen und niederzuschreiben. Was fühlt das Kind nun, wie geht es ihm mit dem Rad? Sie sollten sich in den Moment hineinversetzen, ab dem ihre Geduld belohnt wird.“

Ausdauer und Gelassenheit

Es geht also um das Antizipieren einer danach angenehmen Situation. Aber ist das in Kindern angelegt? Sollten sie nicht total im Hier und Jetzt leben? Sutter: „Kinder ab acht Jahren können schon zwischen Gegenwart und Zukunft abwägen, ohne dass man ihnen die Kindheit madigmacht. Außerdem gehört Planen zum Leben dazu.“
Einen Tipp für Eltern, ihre Kinder Ausdauer und Gelassenheit zu lehren, hat er noch: „Kindliches Grundvertrauen wächst aus der Verlässlichkeit der Eltern. Also: Versprechen, die man seinen Kindern gibt, sollte man stets einhalten. Das gilt auch im Bezug auf Sanktionen. Ein Fernsehverbot anzukündigen und nicht anzuwenden, ist genauso unverlässlich.“