Stärkst du mir den Rücken? Stehst du in dieser Sache hinter mir? Und kann ich mich in dieser Situation auf dich verlassen? Die Anzahl an Redewendungen, die sich auf erhoffte Loyalität beziehen, zeigt klar, wie wichtig diese für zwischenmenschliche Beziehungen ist. Gerade in Partnerschaften erhofft man sich bedingungslose Loyalität – komme, was wolle.

Dass Loyalität auf der Liste der Anforderungen an eine Partnerschaft ganz oben steht, ist laut Klinischer- und Gesundheitspsychologin Dunja Radler kaum verwunderlich, denn „Loyalität ist eines der Basiselemente für eine gesunde und vertrauensvolle Beziehung. Wenn sie fehlt, richtet das in der Partnerschaft schnell Schaden an“.

Loyalität gegenüber der Partnerin oder dem Partner umfasst mehrere Elemente: „Es bedeutet, ein gemeinsames Wertesystem zu haben und gemeinsame Ziele, an die man sich bindet. Diese sollte man auch nach außen zusammen vertreten“, sagt die Psychologin. Es geht dabei im Kern um Regeln, die in einer Beziehung gelten. Diese können unausgesprochen oder klar definiert sein.

Loyalität bei der Erziehung

Besonders wichtig wird Loyalität, wenn man gemeinsam Kinder großzieht: „Auch wenn man sich hier einmal nicht einig ist, bleibt es zentral, dass man sich vor den Kindern hinter seinen Partner bzw. seine Partnerin stellt oder zumindest neutral bleibt“, so die Expertin. Konflikte hinsichtlich der Erziehungsmaßnahmen und Ähnlichem sollten abseits der Kinder ausdiskutiert werden. „Dabei geht es nicht nur um die Partnerschaft. Auch für die Kinder ist das wichtig. Ansonsten verunsichert man diese und sie kommen in einen Loyalitätskonflikt, weil sie nicht wissen, auf die Seite welches Elternteils sie sich stellen sollen.“

Der Psychologin nach kommt es vor allem dann in Beziehungen häufig zu Konflikten im Hinblick auf die Loyalität, wenn einer der beiden seinen Eltern gegenüber loyaler ist als beim eigenen Partner bzw. der Partnerin. „Hier muss man unterscheiden: Es ist wichtig, dass Eltern ihren Kindern gegenüber loyal sind. Denn das ist das Sicherheitsnetz, das die Kinder brauchen, um flügge zu werden und selbst eine Familie gründen zu können.“ Dann sollte die jüngere Generation aber gegenüber der neuen Familie loyal sein und diese gegebenenfalls auch gegenüber den eigenen Eltern verteidigen.

Ein Gefühl von Sicherheit

Doch woran liegt es, dass Loyalität etwas ist, auf das wir in einer Partnerschaft so gar nicht verzichten können? „Loyalität ist die Basis dafür, dass wir uns sicher fühlen, und Vertrauen entstehen kann“, sagt Radler. Denn jeder Mensch habe seine Unsicherheiten. Um diesen entgegenzuwirken, müsse die Beziehung ein sicherer Ort sein: „In einer Partnerschaft muss man sich immer ehrlich äußern können, ohne Sorge zu haben, verletzt zu werden. Eine loyale Partnerschaft kann außerdem Angriffe von Außen abfedern.“

Damit sich Partnerin und Partner dieser Loyalität sicher sind, ist es wichtig, diese auch zu zeigen. „Als Beispiel, wie das funktionieren kann, könnte man sich vorstellen, dass die Partnerin von einem Streit mit Freundinnen erzählt. Hier ist es notwendig, hinter ihr zu stehen, aber nicht in übertriebene Loyalität zu verfallen – indem man etwa über die anderen herzieht“, sagt Radler. Loyalität zeigen könne man durch den Ausdruck von Mitgefühl und interessiertem Nachfragen: „Dem anderen nur nach dem Mund sprechen, reicht nicht. Loyalität geht ein Stück weiter.“

Grenzen der Loyalität

Aber muss Loyalität wirklich grenzenlos sein? Wie kann man damit umgehen, wenn sich bei einem Thema die Meinung oder das Verhalten des geliebten Menschen so gar nicht mit der eigenen Weltanschauung vereinen lässt? „Das sind tatsächlich sehr schwierige Situationen, die auch nicht selten der Grund für Trennungen sind. Denn überall dort, wo man das eigene Wertesystem verlässt und sich an das des Partners oder der Partnerin anpasst, ist es gefährlich“, so die Psychologin. Die einzige Möglichkeit sei in einem solchen Fall, dass man versucht, dieses Thema in der Beziehung auszusparen. „Auch das kann eine Form von Loyalität sein – zu sagen: ,In diesem Bereich kann ich dich gar nicht nachvollziehen, hier gehen wir getrennte Wege.’“

Zu Konflikten kann es auch kommen, wenn einer der beiden aufgrund vermeintlicher Loyalität den anderen öffentlich über das gewünschte hinaus verteidigt. „Ist es einem unangenehm, dass lautstark und ungefragt Partei ergriffen wird, muss man sich die Frage stellen, ob der Partner bzw. die Partnerin gerade wirklich meine Interessen vertritt oder das macht, um sein eigenes Wertesystem zu verteidigen und diesem gegenüber loyal zu sein.“

Um dem vorzubeugen, können Gespräche über die eigenen Werte und Vorstellungen von Loyalität hilfreich sein: „Dann weiß man, wie man am besten nach außen hin eine gemeinsame Linie vertreten kann.“