Rund 3000 Österreicher sind blind. Eine von ihnen ist Constanze Hill. Die 44-Jährige wurde zwar mit gesunden Augen, aber drei Monate zu früh geboren. Durch einen Behandlungsfehler im Brutkasten löste sich ihre Netzhaut ab. Die Diagnose der Ärzte lautete: von nun an blind. Trotzdem konnte sie ihre Entscheidungen im Leben stets mit großer Selbstbestimmtheit treffen. Was laut ihr nicht zuletzt der Verdienst ihrer Eltern sei, die ihr nie das Gefühl gegeben hätten, etwas Beklagenswertes auferlegt bekommen zu haben. Im Gegenteil.
Zum Hadern bleibt keine Zeit
Als erstes blindes Kind in Österreich besuchte Constanze Hill ein Gymnasium. Wenn auch nicht ohne Hindernisse. Von der Tafel abzulesen war für sie unmöglich. Auch Schulbücher in Blindenschrift zu bekommen, gestaltete sich schwierig. „Immerhin kann ich glaubhaft versichern, dass ich niemals abgeschrieben habe“, schreibt Constanze Hill in ihrem Buch „Ich seh, ich seh, was du nicht siehst – denn ich bin blind“.
In ihrer Biografie macht sie für Sehende nachlesbar, wie sie ihren Alltag bis heute bestritten hat. Dabei manifestiert sie immer wieder, dass sie kein Mitleid möchte. Denn mit ihrem Schicksal musste sie sich nie versöhnen. Sie habe nämlich gar nicht erst angefangen, damit zu hadern. „Wenn ich noch einmal geboren werde, würde ich mir wünschen, wieder blind auf die Welt zu kommen“, lautet ein Satz, mit dem Hill schon mehrfach zitiert wurde. Jedoch wird sie nicht müde zu betonen, dass sie damit nicht für alle Blinden, sondern nur für sich selbst spricht.„Constanze Hill ist blind, aber nicht behindert“, sagt ihr Lebenspartner Michael Freiherr. „Ich kenne kaum einen Menschen, der ähnlich fokussiert, konzentriert und präzise im Denken ist wie sie.“ Dass sie von Dingen wie dem Aussehen eines anderen Menschen nicht abgelenkt wird, kommt ihr in ihrem Beruf als Lebensberaterin zugute. Weil sie sich nicht einmal eben Notizen machen kann, hat sie ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Laut ihrem Partner sei das auch ihr berufliches Erfolgsgeheimnis.
Familienbande: Wie das Zusammenleben gelingt
Als Mutter von zwei Kindern ist von ihr im Alltag viel Kreativität gefordert. Vor allem, als ihr 16-jähriger Sohn und ihre 11-jährige Tochter noch kleiner waren. „Ich habe meine beiden Kinder zum Beispiel immer auf dem Boden gewickelt, um zu verhindern, dass sie mir von irgendwo runterfallen“, erzählt sie. Gestillt wurde unter anderem sitzend auf dem Boden. Und die Wohnung war stets so ausgerichtet, mögliche Gefahrenquellen auszuschließen. Das heißt: gesicherte Steckdosen, ausgepolsterte Kanten und kein Schnickschnack, der verschluckt werden könnte. Sobald die Kinder größer wurden, hat Constanze Hill sie mit kleinen Glöckchen versorgt, die an deren Kleidung genäht wurden. Das Klingeln diente als Kennzeichen, das sogar Besuche am Spielplatz ermöglichte.
Teilhabe am Arbeitsmarkt gestaltet sich schwierig
Katrin Fischer