Die Frage.Meine Freundin hat jetzt die dritte längere Beziehung und ihr Freund hat soeben Schluss gemacht. Ich bin froh darüber, weil er überhaupt nicht zu ihr passt. Aber sie ist völlig außer sich vor Verzweiflung und führt sich fast wie verrückt auf. Wie kann ich ihr helfen?
Victor Chu antwortet. Das Außer-sich-Sein, das sich bis zum Liebeswahn steigern kann, all dies sind keine „verrückten“ Reaktionen, sondern sie haben ihre Wurzeln in unseren Grunderfahrungen in intimen Beziehungen. Deshalb ist es sinnlos, einen unglücklich Verliebten von der Unvernunft seiner Gedanken, Gefühle und Handlungen überzeugen zu wollen.
Wenn Sie ihr helfen wollen, müssen Sie sie nach ihren Grunderfahrungen in intimen Beziehungen fragen. Hier öffnet sich die Schere: Wie in jeder existenziellen Krise besteht das Risiko, dass die betreffende Person in ihre Verzweiflung abstürzt. Es besteht aber auch die Chance, dass sie wahrnimmt, woran ihre bisherigen Liebesbeziehungen gescheitert sind, und erste Schritte in Richtung Heilung der früheren Verletzungen unternimmt.
Diese Chance besteht immer, bei jedem „Liebeswahn“, selbst wenn wir bis an die Grenze dessen kommen, was wir psychisch ertragen können. Besonders jene, die traumatische Verlassenheitserfahrungen aus der Kindheit erlebt haben, reagieren hypersensibel auf das Abwenden des Partners.
Traumatischer Punkt unserer Biografie
Wenn er sich abwendet, werden die gleiche Panik und die gleiche Verzweiflung wachgerufen wie in der Kindheit. Selbstverständlich gilt das oben Gesagte nicht nur für eine unglückliche Liebe, sondern auch für eine gelebte Liebesbeziehung. Auch hier kann es immer wieder vorkommen, dass wir durch eine Beziehungskrise unversehens an einen existenziell bedeutsamen, manchmal auch traumatischen Punkt unserer Biografie gestoßen werden.
Auch hier können wir den ausgelösten Schock als Chance ansehen und versuchen, an Unverarbeitetes aus unserem Leben noch einmal heranzugehen. Indem wir die Beziehung ernst nehmen, können wir auch alte Wunden aus unserer Vergangenheit heilen