Wie beantwortet man die Frage „Und, alles gesund?“ nach einer Geburt, wenn nicht alles gesund ist, ein Kind eine Behinderung hat? Persönlich betraf mich diese Frage erst, als ich Tante einer jungen Dame mit Trisomie 21 wurde. „Ein Kind mit Behinderung bedeutet ,Lebenslänglich’“, das erklärte mir damals eine Bekannte. So wird das Leben von Menschen mit Behinderungen also auch heute noch als unfassbar schwierig und belastend für alle dargestellt. Den Grund dafür sieht Martin Ladstätter von „BIZEPS - Zentrum für Selbstbestimmtes Leben“ vor allem im System Sonderschule. Werden Kinder mit und ohne Behinderung voneinander getrennt unterrichtet, kann es auch im späteren Lebensweg kein Verständnis füreinander geben. Wie auch? Und was, wenn Kinder erwachsen werden, arbeiten, einen Sinn, eine geordnete Tagesstruktur haben wollen?

Soziales Engagement

Patrick (25) ist so ein junger, erwachsener Mann. Er arbeitet auf dem Bio-Bauernhof Roßmann in Eggersdorf bei Graz, am allerliebsten an der Maschine, die die Kisten reinigt und desinfiziert. In der Kaffeepause plaudert er mit Johannes Roßmann über aktuelle Fußballergebnisse und darüber, ob seine Leistung für den Tag bisher gepasst hat. Roßmann bezeichnet Patricks Arbeit als „sehr wertvoll“, denn „er gibt wirklich alles, er sprudelt richtig vor Arbeitseifer!“ Aber, ja, man müsse Patrick die Dinge öfter erklären, wiederholende Tätigkeiten mache er am liebsten. „Soziales Engagement gehört zu unserem Betrieb dazu. Sich auch einmal Zeit für Patrick zu nehmen ebenso!“ findet der Bio-Bauer.

Rechtlich ist Patrick Kunde der Organisation „Jugend am Werk“, die einen Kooperationsvertrag mit Roßmann hat. Personen, die Kunden von „Jugend am Werk“ sind, scheinen in keiner Arbeitslosenstatistik auf, sie werden als nicht arbeitsfähig eingestuft. Im Auftrag der Öffentlichkeit werden sie langsam an den Arbeitsmarkt herangeführt. In geschützten Einrichtungen leisten sie gute Arbeit, aber eben unter ständiger Betreuung. In regelmäßigen Abständen wird versucht, sie in den ersten Arbeitsmarkt weiter zu vermitteln. „Mobbing, Stress oder einfach eine fehlende Ansprechperson sind für manche schwer zu bewältigen und mitunter ein Grund, warum eine Vermittlung nach außen nicht immer so gut läuft wie bei Patrick und den Roßmanns“, erklärt Arbeitsbegleiterin Karin Neubauer von „Jugend am Werk“.

Rückkehr nicht möglich

Zusätzlich könne es passieren, dass wichtige Zahlungen, wie eine erhöhte Familienbeihilfe, mit Beginn einer echten Erwerbstätigkeit wegfallen. Eine Rückkehr in das System als zu beschäftigender Kunde ist dann nicht immer möglich. Für die Person mit Behinderung muss sich der Systemwechsel also genauso auszahlen wie für das Unternehmen, das ebendieser eine Chance geben will. „In einem Team ersetzt manchmal eine behinderte Person viele Seminarstunden über Teambildung und Zusammenhalt, weil die Mitarbeiter ganz anders sozial gefordert werden“, sagt Gregor Demblin voller Überzeugung. Mit seiner Unternehmensberatung „MyAbility“ hat er schon zehn Jahre Erfahrung im Bereich der Jobvermittlung von Menschen mit Behinderungen.

Ein Teil des Ganzen

Unternehmen profitieren also von Mitarbeitern mit Behinderungen genauso viel wie umgekehrt. Im Team wird verkleinert abgebildet, was in der Gesellschaft Realität ist: dass Menschen mit Behinderungen ein Teil des Ganzen sind. Und seien wir uns doch ehrlich: Nicht jeder kann jede Tätigkeit perfekt. Und fehlen uns nicht genau dort die Arbeitskräfte, wo es eben nicht immer dort die Arbeitskräfte, wo es eben nicht immer
Abwechslung und neue Aufgaben gibt? Meine Nichte mit Trisomie 21 ist übrigens erst drei Jahre alt. Und ich bin davon überzeugt, dass sie in 15 Jahren auch so ein tolles Arbeitsverhältnis findet wie Patrick beim Bio-Bauern Roßmann.