„Alles können, nichts müssen“: Klingt doch gut, was unter diesem Motto im Restaurant Belétage versprochen wird. Nur halt auch ein bisschen nach Marketing-Sager, weil: Was muss man in anderen Restaurants denn eigentlich schon müssen? Die Sache ist die: Hier, im ersten Stock des renovierten Hotel Post am Traunsee der Familie Gröller, darf man als Gast tatsächlich ein bisschen mehr als anderswo.
Den Abend beispielsweise am „Chef’s Counter“ anfangen, also am Tresen entlang der Küche, und der Küchenmannschaft rund um Max Deuker beim Werkeln – auch mit dem Feuer! – zusehen. Oder sich zwischendurch einfach an die Bar setzen, einen Cocktail von Barkeeper Marcus Volsa schlürfen und, warum nicht, die sehr ergiebige Weinkarte studieren. Oder doch, nach dem Dessert, sich in den vorderen Teil des Restaurants mit Blick auf den Traunsee setzen und, weil‘s so schön ist, den „Catch of the Day“ bestellen, also den Traunseefischfang des Tages.
So viel Freiheit, so viele Möglichkeiten, so ungewohnt, deswegen entscheiden wir uns für ein bisschen Struktur und bestellen den „Chef’s Choice“: Vom Chef persönlich ausgewählte Gerichte, die’s ab zwei Personen um 69 € pro Person gibt. Da werden etwa selbsteingelegte Dirndln-Oliven serviert, die genauso schmecken, wie sie klingen: Wie Oliven, nur süßlich-säuerlicher. Daneben trumpft die wunderbar abgeschmeckte Erbsen-Guacamole auf, in die man am besten mit dem ofenfrischen Focaccia seine Spuren zieht.
Die unverkennbare Handschrift des Haubenkochs Lukas Nagl, der im nahegelegenen Restaurant Bootshaus Österreichs Süßwasserfischküche revolutioniert, zeigt sich beim Lachsforellentatar: Das fettdurchzogene Fleisch erster Güte, in Würfel geschnitten, wird lediglich mit etwas Sojasauce, Chili, Ingwer und Junglauch serviert und lässt uns diesen nur allzu oft geschundenen Fisch neu, anders, besser entdecken. Das gilt noch mehr für die Rotauge, die in Österreich unter kulinarischen Gesichtspunkten bekanntlich kein sonderlich glamouröses Dahinschwimmen fristet. Zu Unrecht, wie sie hier, nachdem sie geschröpft und gesäuert wurde, in frittierter Form beweist: mild, leicht nussig, großartig.
Genauso beeindruckend: Das durchaus einfache, aber in seiner Produktqualität überragende Dessert aus frischen Physalis, die man zuerst in Zotter-Schokoladencreme und dann in geröstetem Buchweizen eintunken kann. Natürlich nicht muss. Aber doch: sollte.
Lucas Palm