Ob wirres Zeug wie zum Beispiel, dass wir fliegen oder gerade in der mündlichen Matheprüfung stecken: Unsere Träume haben mehr oder weniger mit dem echten Leben zu tun. Sie können durch Ereignisse oder Probleme ausgelöst werden, die uns im Wachzustand wichtig sind - uns so helfen, Erfahrungen von Angst, Stress, Verwirrung und Verletzlichkeit zu verarbeiten, so der US-Psychologe und Traumforscher Kelly Bulkeley in einem Beitrag für das Fachmagazin Psychology Today.

Träume aufschreiben als Augenöffner

Er empfiehlt, ein Traumtagebuch zu führen, um diese tiefen emotionalen Prozesse zu verstehen und sogar nutzen zu können. Denn Träume können auch eine inspirierende Funktion Träume Bulkeley zufolge haben: In Krisen etwa könnten bestimmte Träume den Fokus von Bedrohungen auf unsere Kapazitäten für kreative Veränderung, Anpassung und neues Wachstum lenken: „Diese Fähigkeiten können zum Beispiel in einem einfachen Traum auftauchen, in dem man ein neues Zimmer in einem Haus entdeckt.“

Wer seine Träume notiert, kann sie immer wieder nachlesen, Muster erkennen, mit seinen realen Erfahrungen abgleichen und sich selbst womöglich besser verstehen. Es gibt extra Traumtagebücher zu kaufen, ein Heft oder ein Notizblock tun es aber auch.

Traumtagebuch führen: So geht‘s

Damit man das Traumtagebuch optimal nutzen kann, rät Bulkeley: Legen Sie einen Notizblock oder das Traumtagebuch und einen Stift - oder auch einfach Ihr Handy mit einer Spracherkennungs-App - neben Ihr Bett. Es muss total einfach sein, nach dem Aufwachen direkt den Traum aufzuzeichnen.

Idealerweise enthält jeder Eintrag das Datum, den Ort, an dem Sie schlafen, die Zeit, zu der Sie einschlafen, die Zeit, zu der Sie aufwachen, und eine Einschätzung der Schlafqualität, also gut, mittelmäßig, schlecht. Das ist nützlich, weil die Schlafbedingungen Einfluss auf die Träume haben können. Und „wenn Sie sich an keine Träume in dieser Nacht erinnern können, haben Sie zumindest einige nützliche Informationen über Ihren Schlaf gesammelt.“

Noch eine Sache: Wer direkt morgens seine Träume notiert, krakelt vielleicht. Daher ist es empfehlenswert, die Notizen noch einmal sauber mit der Hand oder auf dem Computer abzutippen. Schließlich soll man sie ja noch mal nachlesen können, um sie optimal zu nutzen.

Spiegeln Träume Erlebtes wider?

Träume spiegeln Erfahrungen aus dem Alltag wider, die Dinge, die uns wichtig seien, kämen auch im Traum vor, erklärt auch der Schlafforscher Michael Schredl. Allerdings lasse sich diese Verbindung zu den Alltagserfahrungen nicht direkt erkennen, die Träumer müssen ein wenig tiefer blicken. „Es geht nicht um die Bilder an sich, sondern um die Grundmuster“, ist der Psychologe überzeugt. Damit bezeichnet er zum Beispiel die Stärken und Schwächen einer Person, ihre Fähigkeiten. Diese Muster sind im Traum erkennbar: Welche Aufgaben hat man im Traum, wie handelt man? „Die Wachpersönlichkeit, die Erfahrung spiegelt sich im Traum wider“, sagt Schredl.

Gefühle spielen bei Träumen große Rolle

Für Brigitte Holzinger spielen beim Träumen Gefühle eine ganz entscheidende Rolle. „Träume sind Gefühle in bewegten Bildern dargestellt“, sagt sie. Holzinger leitet das Institut für Bewusstseins- und Traumforschung in Wien und hat mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht. Wer sich mit den Träumen auseinandersetze und sie lesen lerne, könne die Gefühle aus der Nacht bewerten und daran wachsen. „Der Traum ist so etwas wie eine kleine Psychotherapie.“

Neben dieser Theorie gibt es natürlich andere. Manche Verhaltensforscher seien auch der Meinung, Träume hätten keine Funktion oder Bedeutung, erklärt Hans-Günter Weeß, Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster. Einige Psychoanalytiker dagegen vermuteten, dass sich in den Träumen die unterbewussten Wünsche oder Triebe äußern. Diese These werde heute aber nicht mehr vertreten, so Holzinger. Ein physiologischer Erklärungsansatz laute auch, dass Träume wichtig seien für die Gehirnentwicklung und -reifung, sagt Weeß. Diese Theorie werde daraus abgeleitet, dass bei Neugeborenen der REM-Schlaf extrem hoch sei.

Albträume können Stimmung langfristig drücken

Albträume können die Stimmung längerfristig drücken - wenn sie die Betroffenen immer wieder plagen. „Rund fünf Prozent der Bevölkerung leiden unter Alpträumen“, sagt Schredl. „Die meisten versuchen, es direkt wieder zu vergessen.“ Für das direkte Weiterschlafen oder den Tag funktioniere das vielleicht auch. Aber bewältigen können Betroffene ihr Alptraumproblem so nicht.

Dafür müssen sie sich mit dem Traum auseinandersetzen. Eine Methode dafür ist die sogenannte Imagery Rehearsal Therapy. „Die Grundidee ist, sich für die Alptraumsituation eine Bewältigungsstrategie zu überlegen“, sagt Schredl. Im Wachzustand überlegen sich Betroffene dann eine alternative Lösung für den Alptraum und stellen sich wiederholt diese Variante vor.

Technik des luziden Träumens

Eine andere Möglichkeit ist die Technik des luziden Träumens. Das bedeute, sich im Traum bewusst zu werden, dass man träumt, erklärt Holzinger. Dann könne man ihn beeinflussen. Das luzide Träumen sei trainierbar, zum Beispiel durch Entspannungstechniken oder Hypnose.

Gefühle erkennen

Wichtig sei, auch bei Alpträumen zu erkennen, welche Gefühle und Erfahrungen zugrunde liegen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, um sich weiterzuentwickeln, hebt Holzinger hervor. „Auch der Alptraum will uns auf etwas aufmerksam machen und im Grunde heilen.“ Womit wir wieder beim Traumtagebuch wären.