Draußen wird es wieder früher dunkler, der Herbst zieht ins Land: In der düsteren und kalten Jahreszeit fühlen sich viele Menschen niedergeschlagen und kraftlos. Die Rede ist häufig vom Herbstblues, hinter dem sich aber auch eine saisonale Depression verbergen kann. „Depressive Erkrankungen können prinzipiell jeden Menschen treffen, es gibt auch Sonderformen, die vom klassischen Bild einer Depression abweichen“, sagt Christa Rados, Leiterin der psychosozialen Therapiezentren Kärnten.

Der sogenannte Herbstblues kann eine kurzfristige Verstimmung sein, ohne Krankheitswert. Doch dahinter kann auch eine Form der Depression stecken, die sich bis in den Winter zieht: „Die durch den herbstlichen Lichtmangel hervorgerufene saisonale Depression wird auch Lichtmangeldepression genannt. Sie gilt als Sonderform der ‚klassischen Depression‘“, erklärt Psychiaterin Rados.

Diese Sonderform der Depression trete bei anfälligen Menschen jedes Jahr zu einer gewissen Zeit einmal auf, mal leichter, mal schwerer. „Dann sollte man es von Fachärzten abklären lassen“, macht die Psychiaterin klar. Eine klassische Depression kann während des ganzen Jahres auftreten.

Christa Rados ist Leiterin der psychosozialen Therapiezentren Kärnten und ehemalige Primaria der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin des LKH Villach | Christa Rados ist Leiterin der psychosozialen Therapiezentren Kärnten und ehemalige Primaria der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin des LKH Villach
Christa Rados ist Leiterin der psychosozialen Therapiezentren Kärnten und ehemalige Primaria der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin des LKH Villach
| Christa Rados ist Leiterin der psychosozialen Therapiezentren Kärnten und ehemalige Primaria der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin des LKH Villach © KK/Privat

„Bei der saisonalen Depression sind Lustlosigkeit und schlechte Stimmung oft weniger stark ausgeprägt als bei der klassischen Depression. Im Vordergrund stehen vielmehr schwere Antriebsstörungen und extreme Müdigkeit“, erklärt Rados. Besonders der Heißhunger auf Kohlehydrate, auf Süßes, sei charakteristisch. Die reguläre Depression wiederum ist oft durch Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit gekennzeichnet.

„Auch der Herbstblues kann mit den kürzeren Tagen dieser Jahreszeit und dem Mangel an Tageslicht zusammenhängen, denn das beeinflusst bestimmte Hormone, die für Stimmungsregulation und den Schlafrhythmus verantwortlich sind“, sagt Psychiaterin Rados. Ein gewisser „Blues“ beim Abschied vom Sommer sei gängig, so Rados. Handelt es sich um diese saisonale Verstimmung, gibt es Tipps, die dagegen helfen können.

Tipps, um dem Herbstblues zu entkommen

  • Tageslicht. Das wenige Sonnenlicht, das es zu dieser Jahreszeit gibt, sollte man so gut es geht nutzen. Auch ohne strahlenden Sonnenschein hilft die reine Aufnahme des Tageslichts.
  • Lichttherapie. Im Falle einer saisonalen Depression empfiehlt sich die Lichttherapie. „Diese muss fachkundig durchgeführt werden, um antidepressiv wirksam zu sein“, sagt Rados. Dabei werden Tageslichtlampen täglich zwischen 30 Minuten und 2 Stunden eingesetzt.
  • Bewegung und Frischluft. Ein Spaziergang an der frischen Luft kann eine wirksame Methode gegen den Herbstblues sein. Ein zusätzlicher Bonus dabei ist die automatische Aufnahme des Tageslichts.
  • Ernährung. Eine gesunde Ernährung kann helfen, dem Körper Energie zu liefern. Laut dem Klinikum Baden können Kohlehydrate und Omega-3-haltige Lebensmittel dabei helfen, das Hormon Serotonin zu aktivieren. Serotonin steuert den Appetit und sorgt für gute Laune.
  • Im Einklang mit sich selbst sein. „Man sollte vielmehr all das machen, was das eigene Wohlbefinden positiv beeinflusst. Man sollte sich aber nicht zu Aktivitäten zwingen“, sagt Psychiaterin Christa Rados.
  • Soziale Kontakte. Auch wenn der Herbst vielleicht weniger zu gemeinsamen Aktivitäten im Freien einlädt, sollte das kein Hindernis sein, die persönlichen sozialen Kontakte zu jeder Jahreszeit zu pflegen, so Rados.
  • Routinen. Rituale des Alltags können gut sein, um sich aktiv zu halten. Ein einfaches Kaffee-Ritual kann schon die Stimmung heben.

Behandlung an einer Spezialambulanz

Neben diesen Tipps gibt es auch Behandlungsmöglichkeiten auf der Spezialambulanz für Herbst-/und Winterdepressionen (SAD) am AKH Wien. Patientinnen und Patienten können sich bei der Spezialambulanz melden, nach einem Rückruf von einem Arzt oder einer Ärztin wird gemeinsam ein Termin vereinbart. Die Ambulanz ist nur saisonal in Betrieb und ist meist von Oktober bis März geöffnet.

Edda Winkler-Pjrek ist Leiterin der Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen am AKH Wien | Edda Winkler-Pjrek ist Leiterin der Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen am AKH Wien
Edda Winkler-Pjrek ist Leiterin der Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen am AKH Wien
| Edda Winkler-Pjrek ist Leiterin der Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen am AKH Wien © KK/Privat

Seit 2022 können Betroffene von saisonaler Depression auch an einer Studie mit Omega-3-Fettsäuren teilnehmen. „Omega-3-Fettsäuren haben einen guten antidepressiven Effekt, zeigen Daten. Bei einer regulären Depression zeigen die Fettsäuren eine gute Wirksamkeit, das Serotonin wieder aufzubauen“, erzählt Edda Winkler-Pjrek, Leiterin der Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen am AKH Wien.

Zudem werden dort auch Lichttherapielampen ausgeliehen. „Die starken Geräte sind teuer und wir borgen sie für vier bis sechs Wochen Patientinnen und Patienten, die können dann schauen, ob es hilft“, so Winkler-Pjrek. Laut der Leiterin der einzigen Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen in Österreich wirke die Lichttherapie bei 50 Prozent der saisonal depressiven Menschen, ohne dem Zusatz von Medikamenten. „Bei guten Lichttherapielampen in täglicher Anwendung spürt man schon nach drei Tagen einen antidepressiven Effekt.“