Konzerte mit Jordi Savall sind zumeist auch klingende Historienberichte und Expeditionen in musikalische Terra incognita. So auch beim styriarte-Finale „Krieg und Frieden“, für das der Gambist, Dirigent und Forscher schöne Raritäten unter bekannte Perlen aus einem Jahrhundert des Heiligen Römischen Reichs mischte.
Entlang einer Zeitleiste von der Geburt Kaiser Maximilians 1459 bis zum Tod Karls V. 1558 brachte der Katalane eine farbreiche Palette an Renaissancemusiken, die die Geschicke von Ländern, Herrschern, Völkern, Soldaten, Liebenden kommentieren und dokumentieren. Dabei verstand es Savall, der in einer Woche bereits unglaubliche 77 wird, einmal mehr meisterlich, weite Gefühlswelten aufzuspannen: Hier eine pfiffige Huldigung an den König von Aragon, Ferdinand II., dessen Heiratspolitik sich mit jener der Habsburger traf. Dort ein unter die Haut gehendes sephardisches Gebet. Hier ein neapolitanisches Spottlied auf „alte Schachteln“. Dort Heinrich Issacs höchste polyphone Webkunst in einem Marienlob.
Savall hatte 20 Meister ihres Fachs in die übervolle List-Halle mitgebracht. Mit den fabelhaften Vokalisten der Capella Reial und den stilsicheren Instrumentalisten von Hespèrion XXI spannte er ein schillerndes Geschichtspanorama auf und führte vor Ohren, dass das Leben nicht immer ein Fest ist, aber wenn, wie in der kreolischen Draufgabe „A la vida bona“, dann ein ausgelassenes.
Michael Tschida