Erst wenn sie die Freiheitsstatue erblickten, Miss Liberty, endete für die Flüchtlinge aus Europa eine lange Reise voller Entbehrungen. Die Eltern von Leonard Bernstein und George Gershwin kamen aus Russland nach New York, um ihren Traum von Freiheit und Wohlstand zu verwirklichen. Dass ihre Söhne einmal mit ihrer Musik die freie Welt erobern würden, hätten sie sich nicht träumen lassen. Für Béla Bartók endete in Manhattan ein Lebenstraum. Drei Perspektiven auf „Miss Liberty“, vorgetragen im jazzigen Klang der Klarinette vom Spezialisten Daniel Ottensamer.
INTERVIEW
Die Wichtigkeit der Balance
Klarinettist Daniel Ottensamer über den "Familienbetrieb" im Zeichen der Klarinette.
Sie und Ihr Vater, Ernst Ottensamer, sind Soloklarinettisten der Wiener Philharmoniker, Ihr Bruder Andreas hat diese Position bei den Berliner Philharmonikern inne. Kennen Sie weitere Familien, die so stark den Markt beherrschen?
DANIEL OTTENSAMER: Spontan fällt mir keine ein, und beim selben Instrument ist es sicher nicht sehr oft der Fall.
Konkurrieren Sie mit Ihrem um drei Jahre jüngeren Bruder? Er hat bei der Deutschen Grammophon zwei Soloalben veröffentlicht, Sie haben im Vorjahr bei Sony die CD "Mein Wien" auf den Markt gebracht.
OTTENSAMER: Nein, eine direkte Konkurrenz hat sich nicht ergeben, weil ich schon sehr früh meine Solostelle bekommen habe. Aber wir haben ein Auge aufeinander. Und gemeinsam mit unserem Vater treten wir weiterhin als "The Clarinotts" auf.
Warum haben weder Sie noch Ihr Bruder bei Ihrem Vater, sondern beim Steirer Johann Hindler in Wien studiert?
OTTENSAMER: Mein Vater war der Meinung, dass ein geregelter Unterrichtsverlauf und eine normale Klassenstruktur wichtig sind, damit man eben nicht der Sohn, sondern einer der Studenten ist.
Hätte Sie auch ein Engagement bei den Berlinern gereizt?
OTTENSAMER: Mit 18 oder 19 habe ich bei den Berliner Philharmonikern mein erstes Probespiel gemacht - und bin knapp Zweiter geworden. Im Nachhinein betrachtet, bin ich froh darüber.
Wie gewichten Sie Ihre Auftritte abseits der Philharmoniker?
OTTENSAMER: Die Balance ist wichtig für mich. Ich trete gerne als Solist auf und habe dazu momentan schöne Möglichkeiten, aber die Kammermusik liegt mir eben so am Herzen wie auch die Projekte mit den Philharmonics.
INTERVIEW: ERNST NAREDI-RAINER