Nicht umsonst wird Bernd Glemser auch „der Klavierdichter“ genannt. Seine musikalische Sprache ist facettenreich, flüssig und empfindsam. Seit Jahren ist der Deutsche ein treuer Gast bei recreation und bei der styriarte.
Dem heurigen Festivalmotto „Viva la libertà“ folgte Glemser in der List-Halle mit vertonten Freiheitskämpfen für Ungarn und Polen. Franz Liszt sandte seine „Funérailles“ („Trauerfeier“) aus der Ferne in Verbundenheit an die gescheiterten Liberalen seines Heimatlandes. Zusammen mit zwei Kompositionen aus Liszts italienischer Zeit ließ der 54-Jährige hier trotzig Tristes neben idyllischem Träumen entstehen. Die scheinbare Vordergründigkeit von Liszts Werken tut er ab, für ihn seien sie „hochinteressant und vielschichtig“. Auch bei den vielen technischen Meisterleistungen stellte Glemser stets die Musik voran, als wollte er sagen: Es muss ja so sein!
Mit einer selbst konzipierten Folge aus Polonaisen, Mazurken und Etüden widmete sich der Ausnahmepianist im zweiten Teil Frédéric Chopin. Als dramatischen Höhepunkt in der Kombination aus beseelten Tänzen und virtuosen „Revolutionsetüden“ konnte man die Etüde op. 25, No. 11 empfinden, in der sich Wut und Verzweiflung des jungen Chopin in den hämmernden und perlenden Händen Glemsers entluden. Als Zugabe folgten Bach und Schuberts „Ständchen“ in einer freien, verinnerlichten Version.
KATHARINA HOGREFE