Und? Sind sie nett?“, fragt Mathis Huber neckisch. Die Adressatin des styriarte-Intendanten ist Karina Canellakis, und mit „sie“ meint er die Mitglieder des Concentus Musicus. Seit Dienstag probte die 34-jährige New Yorkerin nämlich erstmals mit dem Wiener Ensemble – mit Notenmaterial von dessen Gründer Nikolaus Harnoncourt.
Schon im Vorjahr hatte Canellakis bei der styriarte anstelle des erkrankten Stardirigenten ein bejubeltes Dvořák-Programm geleitet. Und die derzeitige Assistenz-Dirigentin des Dallas Symphony Orchestra sagte auch sofort Ja, als es darum ging, heuer gleich vier Symphonien aus dem großen Beethoven-Zyklus zu übernehmen, den sich Harnoncourt noch vorgenommen hatte, zu seinem 85. Geburtstag im Dezember aber wie alle anderen Projekte doch zurücklegen musste, weil er spürte, dass seine Kräfte schwanden. Das geschah 14 Tage nach dem Beginn des Kartenverkaufs bei der styriarte – eine überaus heikle Situation für das Festival, das heuer „Viva la libertà!“ ruft.
Schon vor dem Tod des Maestros am 5. März stand das Trio aus der „Enkelgeneration“ fest, das die Riesenaufgabe zu übernehmen bereit war, an sieben Abenden alle neun Symphonien zu dirigieren. „Eine große Vielfalt an Zugängen zu diesen absoluten Meisterwerken“ verspricht Intendant Huber, „von Canellakis einen erfrischenden, jungfräulichen“, wie er sagt. „Als Geigerin habe ich schon auch Barockmusik gespielt“, relativierte die zartgliedrige Amerikanerin gestern, „aber als Dirigentin stehe ich tatsächlich erstmals vor einem Originalklangorchester“.
Jérémie Rhorer hingegen bringt als Leiter des Ensembles „Cercle de l’Harmonie“ schon viel Wissen um Darmseiten & Co ans Pult mit. „Ein absoluter Spezialist“, schwärmt Huber vom 43-jährigen Pariser, der sich mit Beethovens „Dritter“ („Eroica“) und „Sechster“ („Pastorale“) an Doppelabenden vorstellen wird.
Andrés Orozco-Estrada ist sozusagen ein „Heimkehrer“: Der Kolumbianer war ja von 2005 bis 2009 Chefdirigent von „recreation“ in Graz. Mit seinem hr-Sinfonieorchester präsentierte der 38-jährige Kolumbianer im April in Frankfurt einen reinen Beethoven-Zyklus, ist also für dessen Symphonien Nr. 4, 5 und 9 in Graz bestens aufgewärmt und bringt zudem die bereits ausverkaufte „Neunte“ anstelle von Harnoncourt mit gleicher Besetzung am 25. Juli bei den Salzburger Festspielen. „Er wird zu unserem Großprojekt das Temperamentvolle eines Südamerikaners beitragen“, ist Huber überzeugt
.
Bei einem Pressegespräch verwies der Festivalleiter nicht nur auf die weiteren Beethoven-Schwerpunkte, sondern auch auf die jungen Formate „styriarte für Kinder“ und „Lunch-Konzerte“. Der Reigen von 60 Ereignissen bis 24. Juli wurde am Freitag mit einem Open Air auf der Grazer Passamtswiese eröffnet.